Haus für Kunst: Eröffnung mit Protestmöglichkeit

Voraussichtlich in neun Monaten wird der Kunstverein Uri sein neues Haus an der Herrengasse 2 in Altdorf beziehen. Das Ökonomiegebäude auf der Liegenschaft Gamma ist gegenwärtig im Umbau und wird von der neuen Eigentümerin, der Dätwyler-Stiftung, dem Kunstverein für Ausstellungen zur ...
31.07.2003
ung gestellt. Am Mittwoch, 30. Juli, erklärten Gastkurator Peter Killer und Kurt Gisler, Vizepräsident des Kunstvereins Uri, das Konzept der für das Frühjahr 2004 geplanten Eröffnungsausstellung. Sie trägt den Titel «Protest und Kritik, laut und leise».

Vor neun Monaten begannen die Umbauarbeiten. Im gegenwärtig ausgekernten Haus entstehen auf drei Geschossen moderne, attraktive Ausstellungsräume. Bei ihrer Arbeit werden die Planer vom bekannten Basler Museologen Samy Bill beraten. Ende August wird die Rohbauphase abgeschlossen. Anschliessend wird der eigentliche Ausbau in Angriff genommen. Kurt Gisler ist zuversichtlich, dass der gesteckte Terminplan eingehalten und das neue Haus für Kunst Uri um Ostern 2004 seiner Bestimmung übergeben werden kann.

Hommage an einen Radikalen

Das neue Haus für Kunst Uri wird unter jenem Dach eingerichtet sein, unter dem einst die oppositionelle «Urner Zeitung», die spätere «Gotthard-Post», entstanden ist. Der kritische Geist des Zeitungsgründers Martin Gamma (1856- 1937) soll an der Eröffnungsausstellung die Räume noch einmal erfüllen. Martin Gamma galt als unbequemer, rebellischer Journalist und Politiker. Er prangerte Missstände aller Art an. «Die Eröffnungsausstellung ist eine Hommage an einen Radikalen», betonte Peter Killer, der fast 20 Jahre lang das Kunstmuseum Olten geleitet hatte. Die Freisinnigen, zu denen auch Martin Gamma gehörte, hätten damals als radikal gegolten. «Wir wollen aber keineswegs eine freisinnige Figur feiern», fügte Peter Killer an.

Ein Wagnis eingegangen

«Künstler sind normalerweise eher Weltflüchtlinge, beschäftigen sich mit ihrer eigenen Welt oder etablieren eine Gegenwelt zu unserer Welt. Es gibt gar nicht so viele Künstler, die sich mit der realen Welt auseinandersetzen», betonte der Gastkurator. Deshalb sei man mit dem Ausstellungskonzept durchaus ein Wagnis eingegangen. Mut, das auszuprobieren, habe ihm aber die letzte «Documenta» in Kassel gegeben. Die Ausstellung sei sehr politisch gewesen. Man habe festgestellt, dass es doch eine grosse Zahl an Künstlerinnen und Künstlern gebe, die sich ganz direkt mit «unserer» Wirklichkeit beschäftigten.
Der Anstoss zu diesem Konzept kam von Max Dätwyler, dem der Kunstverein zu verdanken hat, dass er das Haus bald für seine Zwecke nutzen darf. Er äusserte den Wunsch, dass die Eröffnungsausstellung alle angehen soll. «Das ist kein leichtes Unterfagen.» Peter Killer: «Kunst geht nun halt normalerweise nicht alle an. Sie ist im Verlauf des 20. Jahrhunderts immer mehr von der breiten Öffentlichkeit weggedriftet. Es gibt nur ein verbindendes Element zwischen Kunst und Öffentlichkeit, nämlich das, was den Einzelnen unmittelbar betrifft. Künstler leben schliesslich in der gleichen Wirklichkeit wie Nichtkünstler. Das ist der Ausgangspunkt.»
Die Eröffnungsausstellung wird also Themen gewidmet sein, die alle angehen. Sie soll möglichst viele Urnerinnen und Urner mit «ihrem» Kunsthaus vertraut machen, aber ihrer Aktualität wegen auch eine nationale Ausstrahlung haben. 42 bildende Künstlerinnen und Künstler, die mit dem Kanton Uri verbunden sind, sind anfangs Juni eingeladen worden, dem Kunstverein Uri Vorschläge für Beiträge für die Ausstellung «Protest und Kritik, laut und leise» einzusenden. Bis Mitte Juli sind zwölf Vorschläge eingetroffen. Die Palette der Kunstrichtungen ist recht breit. Sie reicht von der Malerei und von plastischen Arbeiten bis hin zu Video-Installationen und Foto-Arbeiten. Eine Jury wird nun die Vorschläge begutachten und daraus Werkgruppen oder Einzelwerke auswählen. Die Erarbeitung der Ausstellung wird in engem Kontakt mit den ausgewählten Künstlerinnen und Künstlern vorgenommen.

«Forum für Unzufriedene»

Zur Ausstellung ist eine Begleitveranstaltung geplant, an der jede und jeder Protest und Kritik äussern kann. Peter Killer sprach von einem «Forum für Unzufriedene». «Es geht nicht darum, dass nur gepoltert und kritisiert wird, sondern es sollen auch Wünsche in konstruktiver Form vorgebracht werden.» Peter Killer geht davon aus, dass viele Leute, die sich bisher mit der Faust im Sack begnügten, diese Gelegenheit gerne nutzen werden, ihrem Ärger über etwas, das ihnen nicht passt, zum Beispiel in den Bereichen Politik, Umwelt, Bildung oder soziale Sicherheit, Luft zu machen. «Alle, ob Kinder und Erwachsene, Motorsportler und Naturfreunde, religiöse Randgruppen und Benutzer des öffentlichen Verkehrs, allein erziehende Mütter und Väter, Cannabis-Konsumenten, Arbeitslose und so weiter, haben Wünsche und Anliegen, nehmen täglich an Missständen Anstoss», so Peter Killer. «Die Ausstellung könnte im besten Fall die Unzufriedenen aller Art fokussieren. Sie liesse sich zu einem Hyde Park Corner weiterentwickeln, wo jeder und jede seine Anliegen vorbringen könnte.» Das Ganze sei von hohem sozialhygienischen Wert, komme den Absichten Martin Gammas nah und brächte das Haus für Kunst Uri täglich neu ins Gespräch.

Urs Hanhart


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