30 Jahre Stiftung Behindertenbetriebe Uri

Die Stiftung Behindertenbetriebe Uri (SBU) kann in diesem Jahr ihr 30-jähriges Bestehen feiern. 1970 nahm sie ihre Tätigkeit in den Räumen der Dätwyler AG auf, mit anfänglich 6 Mitarbeitern. Mittlerweile beschäftigt man 150 Menschen mit einer Behinderung. Dazu kommen zirka 93 Voll- und ...
06.11.2000
Teilzeitmitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in den verschiedensten Funktionen angestellt sind. Somit ist die SBU einer der grösseren Betriebe im Kanton Uri.

Am 1. April 1970 wurde die Arbeit unter der Leitung von Paul Michel an der Hellgasse in Altdorf in Räumen der Dätwyler AG aufgenommen. Dank der guten Zusammenarbeit mit ortsansässigen Betrieben konnten die Angestelten von Beginn an zufriedenstellend beschäftigt werden.
Von Anfang an wurde auch auf die zwischenmenschlichen Beziehungen grossen Wert gelegt, etwa mit wöchentlichen Turnstunden, Ferienlagern, gemeinsamen Ausflügen et zetera. Die Zahl der Beschäftigten stieg in den nächsten Jahren kontinuierlich an. 1976 konnte die eigene Werkstätte mit 50 Arbeitsplätzen an der Rüttistrasse in Schattdorf bezogen werden. Der Bau erwies sich von Beginn an als praktisch und zeitgemäss. 1986 wurde er erweitert, so dass 105 Personen darin eine Beschäftigung fanden. Sechs Jahre später wurden Räume im St. Joseph in Altdorf dazugemietet und eine Beschäftigungsstätte für Schwerstbehinderte eingerichtet.

Wohnheim ist ausgelastet

1996 Wurde eine Werkstatt im ehemaligen Bally-Gebäude in Schattdorf, in unmittelbarer Nachbarschaft zur Werkstätte gemietet. Im gleichen Jahr wurde das Wohnheim fertiggestellt, nachdem bereits seit 1990 ein Übergangswohnheim an der Bahnhofstrasse in Altdorf betrieben worden war. Der Neubau bietet 42 Personen Platz. «Das Wohnheim ist heute voll belegt», erklärt Alex Christen, Geschäftsführer der SBU. «Die Nachfrage nach Plätzen steigt. Wir sind bereits wieder daran, im Mietverhältnis eine zirka sechs Personen umfassende Aussenwohngruppe zu eröffnen. Wir denken, dass es im Kanton Uri Bedarf für etwa 55 bis 60 Plätze gibt.»
In diesem Jahr erhielt die Stiftung Behindertenbetriebe Uri die QM-Zertifizierung nach ISO 9001.

Verschiedene Bereiche

In den Werkstätten der Stiftung Behindertenbetriebe Uri finden sich Menschen mit verschiedenen Behinderungsarten und verschiedenen Schweregrade. In der Werkstatt, beziehungsweise Produktion sind die Leute beschäftigt, die den ganzen Tag arbeiten können. Im Bereich «Werken» arbeiten solche, die entweder frisch im Behindertenbetrieb angefangen haben, von denen man also noch nicht genau sagen kann, wie sie am besten beschäftigt werden können, oder Leute, die 50 bis 60 Prozent in der Werkstatt arbeiten und sich die restliche Zeit mit lebenspraktischen Beschäftigungen, beispielsweise Malen oder Geld kennenlernen, abgeben. Einen dritten Bereich bilden die Schwerstbehinderten. Sie arbeiten nicht in der Produktion, beschäftigen sich grösstenteils mit Lebenspraktischen Dingen und stellen gegebenenfalls die bekannten Verkaufsartikel der SBU, etwa Tischdekorationen oder Glückwunschkarten her.

In der SBU gibt es zudem Menschen mit sehr verschiedenen Arten von Behinderungen. Beschäftigt werden sowohl geistig als auch psychisch Behinderte. Letztere bilden eine eigene Abteilung. «Solche Menschen können zum Teil für sehr komplexe Arbeiten eingesetzt werden», erklärt Alex Christen. «Die Schwierigkeit besteht aber in einer gewissen Unregelmässigkeit. An einem Tag geht es sehr gut, am nächsten vielleicht überhaupt nicht.» Körper- und sinnesbehinderte Menschen allerdings sind in der SBU kaum anzutreffen. Sie sind oft in speziellen Betrieben ausserhalb des Kantons beschäftigt.

Verschiedene Produktionsangebote

In der SBU werden verschiedenste Arbeiten ausgeführt. «Ein wichtiges Angebot der Behindertenbetriebe bilden immer noch Versand- und Verpackungsarbeiten. Bei uns ist das nicht anders», erklärt Alex Christen. Beispielsweise werden die Stimmcouverts von einigen Urner Gemeinden in der SBU zusammengestellt und versandfertig gemacht. Daneben werden Montagearbeiten für verschiedene Industrieberiebe ausgeführt. Auch im Bereich Recycling ist man aktiv. Ein weiterer Bereich bildet die Karton- und Holzverarbeitung.

Aber auch Hightech findet sich in den Räumen der SBU. Die Mikroverfilmung hat an Bedeutung gewonnen. Für den Kanton Uri und noch einige andere Auftraggeber werden wichtige Akten und Protokolle auf Mikrofilm gebannt. In Zukunft möchte man auch in den Bereich Digitalisierung investieren.
Einer breiten Öffentlichkeit ist die SBU aber durch ihre Verkaufsartikel - Geschenartikel, Glückwunschkärtchen, Tischdekorationen - bekannt, obwohl diese Produkte nur zirka 5 Prozent der Produktion ausmachen.

Termindruck spürbar

Auch die Behindertenbetriebe müssen sich dem Markt stellen. «Wir bekommen den grösseren Druck ebenfalls zu spüren», sagt Alex Christen. «Die Serien werden kürzer und der Termindruck grösser. Wir müssen uns nach dem Marktpreis richten, aber das ist eigentlich kein Problem. Mit unseren Angeboten konkurrenzieren wir vor allem Betriebe im Osten.» Den Wirtschaftaufschwung in diesem Jahr hat man auch bei der SBU gespürt. Alex Christen ist mit dem Ergebnis zufrieden. «Wir hatten ein gutes Jahr und eigentlich immer genug Arbeit. Trotzdem müssen auch wir in Zukunft vermehrt investieren, etwa in mit einer zunehmenden Mechanisierung. Die Handarbeit darf aber nicht verlorengehen, sie ist in einem Behindertenbetrieb sehr wichtig.»

Kaum Wiedereingliederungen

Obwohl es im Grunde eine wichtige Aufgabe der SBU wäre, Menschen mit einer Behinderung in die Wirtschaft einzugliedern, ist eine Durchlässigkeit zwischen geschützter Werkstatt und der freien Wirtschaft kaum vorhanden. «Ich bedaure das», sagt Alex Christen, «aber die Realität sieht leider so aus, dass kaum Leute aus Behindertenbetrieben den Weg in die freie Wirtschaft finden. Diese Lösung wäre natürlich sehr kostengünstig, ganz abgesehen davon, dass es eine enorme Bestätigung für die Leute wäre.»

Stefan Arnold


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