Älteste Spuren des Menschen im Kanton Uri

Steinzeitliche Funde werfen ein neues Licht auf die Geschichte des Kantons Uri. Die Steingeräte aus Bergkristall sind gar 3000 Jahre älter als «Ötzi».
20.08.2010
«Es wäre mal wieder an der Zeit für archäologische Funde ähnlich demjenigen der Goldringe aus Erstfeld», hatte Regierungsrätin Heidi Z'graggen vor drei Jahren zum kantonalen Denkmalpfleger Edi Müller gesagt. Aus dieser scherzhaften Aussage wurde nun Ernst: Bei archäologischen Untersuchungen im Bereich des im Bau befindlichen Golfplatzes in Andermatt und Hospental kamen wertvolle Funde zum Vorschein. Am Donnerstag, 19. August, wurden sie den Medien präsentiert.

Funde aus der mittleren Steinzeit

Zeugen aus der Frühgeschichte des Urserntals waren bislang spärlich gesät. Einzig eine 1955 im Gotthardmätteli gefundene steinerne Pfeilspitze (2500 bis 4000 vor Christus) sowie einige römische Münzen (300 vor Christus) belegten die urgeschichtliche Begehung des Gebiets. Die aktuelle Grabung vor Ort bringt neue Erkenntnisse ans Licht: Die Funde stammen aus der Zeit um 6000 vor Christus, sind also rund 3000 Jahre älter als «Ötzi». «Es handelt sich um kleinste Steingeräte aus bearbeitetem Bergkristall, der vermutlich im Urserntal selbst gewonnen wurde», erläuterte Archäologe Georg Matter, Geschäftsführer der Firma ProSpect. Die Form der Bearbeitung weise darauf hin, dass die Menschen, die diese Werkzeuge vor 8000 Jahren hergestellt hatten, aus dem Süden über den Gotthardpass kamen.

Ein «Meerwesen» aus der Römerzeit

Zahlreiche Neufunde stammen aus der Römerzeit. Es handelt sich dabei um eine Speerspitze, Bronzeglöckchen, Münzen und eine Gewandbrosche in der Form eines Meerwesens aus dem 1. bis 3. Jahrhundert nach Christus. Damit hat sich die Zahl der Funde aus der Römerzeit im Urserntal schlagartig vervielfacht. «Die geringe Anzahl römischer Münzen, die bisher gefunden wurden, sagten über Besiedlung und Passverkehr nur wenig aus», erklärte Dr. Adriano Boschetti, Leiter der Mittelalterarchäologie des Kantons Zug. Ein Teil der Funde könne auf den Passverkehr im Urserntal hinweisen, und zwar über den Oberalp- und den Furkapass. «Nach der Eingliederung des Wallis ins Römische Reich gehörte nämlich das Rhonetal zunächst zur Provinz Rätien», fügte Dr. Adriano Boschetti an.

Bei den Ausgrabungen in Andermatt stiess man ausserdem auf Funde aus dem Mittelalter: Gürtelschnallen und Münzen des 13. und 14. Jahrhunderts, kurz nach der Erschliessung der Schöllenenschlucht um 1200. Dr. Adriano Boschetti erklärt: «Erst seit diesem Zeitpunkt gewann der Gotthardpass für die Überquerung der Alpen an Bedeutung.»

Jede Schaufel wird begleitet

Seit zweieinhalb Wochen suchen fünf Archäologen an der Fundstelle beim künftigen Golfplatz nach weiteren Funden. Am Montag, 23. August, werden die Ausgrabungen beendet. «Die Bauarbeiten werden dadurch nicht verzögert», versicherte Heidi Z'graggen. Die Begleitung der Bauarbeiten werde aber weiterhin fortgeführt, wie Edi Müller betont: «Jede Schaufel, die auf dem entstehenden Golfplatz umgewälzt wird, steht unter Beobachtung von Fachleuten.» Der Kanton Uri sei dabei, ein Fundstelleninventar zu führen, um künftig einen Plan mit Funderwartungsgebieten zu erstellen.

Carmen Epp


Meistgelesen

  • 01Uri lehnt Volksschulverordnung deutlich ab
  • 02Altdorf empfängt den Samichlaus
  • 03Spiringen sagt Ja zur Kunsteisbahn
  • 04«Rüchä Rock» vor ungewisser Zukunft
  • 05Innovationspark Gotthard erhält Baubewilligung
  • 06Wanderweg wegen Steinschlaggefahr gesperrt