Hintergrund des Gerichtsfalles ist das hängige Strafverfahren beim Landgericht Uri wegen mehrfachen Mordes, eventuell mehrfacher Unterlassung der Nothilfe, wegen Diebstahls, geringfügigen Diebstahls, Entziehung von Unmündigen, Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen, falscher Anschuldigung und eventuell wegen Irreführung der Rechtspflege. Die Anklage zu den Vorkommnissen anno 2000 war 2004 erhoben worden. - Im Vordergrund des Falles stehen zurzeit aber Verfahrensfragen. Insbesondere geht es um Ausstandsfragen. Das Landgericht hatte ein Ausstandsbegehren der amtlichen Verteidigung gegen den Gerichtsschreiber abgelehnt.
Kein Einsehen in Altdorf
Dagegen legte sie beim Obergericht Uri Berufung ein. Und vorfrageweise beantragte die Beschwerdeführerin den Ausstand eines Oberrichters wegen naher Verwandtschaft mit dem Anwalt einer Verfahrenspartei. Das Urner Obergericht in Altdorf war auf die Beschwerde betreffs Ausstand des Oberrichters nicht eingetreten, weil kein gesetzlicher Ausstandsgrund vorliege, das Gesuch verspätet und rechtsmissbräuchlich gestellt worden sei. Das Ausstandsverfahren gegen den Gerichtsschreiber war unterbrochen worden.
Höchst problematisch in Lausanne
Die Verteidigung erhob daraufhin staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht in Lausanne. Das Ausstandsbegehren gegen den Gerichtsschreiber war nach Ausführungen des Obergerichts Uri infolge beruflicher Veränderungen in der Zwischenzeit gegenstandslos geworden. Das Bundesgericht erachtete schliesslich die Beschwerde gegen den Oberrichter als gegenstandslos, weil der Gerichtsschreiber des Landgerichts, dessen Ausstand ursprünglich verlangt worden war, aus dem Amt geschieden und somit das aktuelle Interesse an der Beschwerde weggefallen war. Es hält aber fest: «Das Nichteintreten (des Obergerichts Uri) auf das Ausstandsgesuch (betreffs Oberrichter) ist mit Blick auf das Verbot der Rechtsverweigerung und auf die Garantie des verfassungsmässigen Richters höchst problematisch und hätte vermutlich zu einer Gutheissung der Beschwerde geführt.» Nach der Rechtssprechung könne die Ehe zwischen dem Richter und der Mitarbeiterin eines Parteivertreters den Anschein der Befangenheit begründen, wird auf einen früheren Bundesgerichtsentscheid verwiesen. Der vorliegende Sachverhalt sei vergleichbar, «weil eine nahe Verwandtschaft (Geschwister) und eine unmittelbare Verfahrensbeteiligung zusammenkommen». Und im Falle des Unterliegens hätte der Kanton Uri zwar keine Gerichtskosten, aber eine angemessene Parteientschädigung bezahlen müssen. Entsprechend wurde der Kanton Uri vom Bundesgericht zur Zahlung einer Parteientschädigung an die angeklagte Person im Betrag von 2000 Franken verdonnert.
Erich Herger
