Bevölkerung will kein «Flüelen West»

Mit 195:142 Stimmen hat die Flüeler Bevölkerung das Projekt «Flüelen West» bachab geschickt. Die Entwicklungsmöglichkeiten des Dorfes werden nun nicht aufgezeigt.
02.07.2010
«So viele Leute sind in Flüelen wohl noch nie zu einer Gemeindeversammmlung gekommen», meinte Gemeindeschreiber Rico Vanoli am Ende der gut zweieinhalbstündigen Gemeindeversammlung vom vergangenen Donnerstag, 1. Juli. Rund 350 Flüelerinnen und Flüeler nahmen daran teil.

Geheime Abstimmung

Lediglich zwei Traktanden wurden behandelt: 1. Informationen zur Entwicklungsplanung «Flüelen West»; 2. Kreditbegehren von 80'000 Franken für Planungen «Flüelen West». Die Flüeler Bevölkerung nutzte die Gelegenheit zur Diskussion intensiv. Ein Antrag, die Abstimmung über das Kreditbegehren geheim durchzuführen, wurde mit 180:152 gutgeheissen.

Ein Novum: Weder Gemeindeschreiber noch der Gemeinderat konnten sich daran erinnern, dass in einer Flüeler Gemeindeversammlung je eine geheime Abstimmung stattgefunden hätte. Mit 195:142 Stimmen sagte das Volk schliesslich Nein zum Kreditbegehren von 80'000 Franken zur Planung von «Flüelen West».

Günstige Gelegenheit für Flüelen

Der Gemeinderat hatte vergeblich für ein Ja geworben. Gemeindepräsident Beat Walker betonte, es gehe an diesem Abend nicht darum, ob man das Projekt «Flüelen West» realisieren möchte oder nicht, sondern darum, Antworten auf die vielen offenen Fragen zu erhalten, um zu einem späteren Zeitpunkt einen fundierten Entscheid zu fällen.

Es gelte, die möglichen Chancen zu prüfen und zu bewerten. Zudem müsse Flüelen mittelfristig eh viele Fragen angehen, die durch das geplante städtebauliche Konkurrenzverfahren beantwortet würden: Beispielsweise die Fragen rund um die Altlasten im Gebiet Allmend. «Und dies mit relativ bescheidenen Investitionen für Flüelen», so Beat Walker.

Denn das Konkurrenzverfahren hätte Kosten von 300'000 bis 350'000 Franken verursacht. Den Grossteil der Kosten hätte der Kanton übernommen. Der Flüeler Anteil hätte 50'000 Franken betragen. Das Kreditbegehren beinhaltete auch 30'000 Franken für weitergehende Abklärungen seitens der Gemeinde.

Demokratie lebt

Vor der Diskussion stellte Raumplaner Hansueli Remund das Projekt «Flüelen West» detailliert vor. Es gehe darum, ein Modell zu erstellen, ob und wie sich das Flüeler Industrie- und Gewerbegebiet zu einem Wohngebiet entwickeln könne. Stadt- und Regionalplaner Rolf Signer erläuterte anschliessend das städtebauliche Konkurrenzverfahren. Das Verfahren dauere drei Monate. In dieser Zeit würden vier interdisziplinäre Teams, davon eines aus Uri, Ideen zusammentragen, wie sich der 26 Hektare umfassende Perimeter entwickeln könnte.

Die Urner Justizdirektorin Heidi Z'graggen gab ihrer Freude Ausdruck, dass so viele Menschen einen so schönen Sommerabend opferten, um sich zu informieren, zu diskutieren und schliesslich einen Entscheid zu fällen. «Hier lebt die Demokratie», so die Regierungsrätin. Sie rief die Flüeler Bevölkerung auf, bei der Planung mitzumachen, aber stets unter einem kritischen Blickwinkel.

Ein Luftschloss planen

Um die 20 Personen stellten zum Projekt Fragen oder gaben Statements ab. So wolle man zuerst wissen, was künftig mit der Eisenbahnlinie geschehen werde, bevor man irgendetwas plane. Eine weitere Frage betraf die Übergangsphase: Wären Industrie- und Wohngebiet in einer gleichen Zone?

Weiter wurde bezweifelt, dass man zu einem späteren Zeitpunkt «wenn der Stein rollt» immer noch Nein zum Projekt sagen könne. Andere befürchteten anhaltenden Baulärm. «Man will Pläne für ein Luftschloss machen», lautete eine Kritik. «Wir sollten besser überlegen, wo wir das Geld besser investieren können. Beispielsweise in die Schule», so ein weiteres Argument.

«Flüelen West» kein Thema mehr

Schliesslich ergriffen auch einige Befürworter das Mikrofon. Mit dem Kredit von 80 000 Franken würden gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Man erhalte einerseits Klarheit über das Thema Altlasten, andererseits würden Fragen zur möglichen Entwicklung des Dorfes beantwortet. «Wir können mit diesem Vorgehen nur gewinnen», hiess es weiter. Oder: «Das Risiko von 80'000 Franken dürfen wir in Kauf nehmen. Günstiger werden wir nie mehr zu einer solchen Planung kommen.»

Gemeindepräsident Beat Walker war trotz der sich im Vorfeld abgezeichneten Opposition mit Flugblättern vom Resultat letztendlich etwas überrascht. Das Geschäft sei für den Gemeinderat nun vom Tisch. Laut Regierungsrätin Heidi Z'graggen hat Flüelen die Chance verpasst, gemeinsam mit dem Kanton künftige Nutzungsmöglichkeiten auszuloten. Dieser demokratische Entscheid werde natürlich akzeptiert. «Flüelen West» sei für die Urner Regierung kein Thema mehr.

Markus Arnold


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