Chauffeur mit Glück und Geistesgegenwart

Das Unwetter vom August hat viel Schuttmaterial angeschwemmt. Dieses wird im Industriehafen in Flüelen zur Zwischenlagerung in den See geschüttet. Am Freitag, 16. September, bricht beim Kippen ein LKW samt Fahrer ein und versinkt im Urnersee. Der Chauffeur kann sich aus der Kabine befreien. ...
20.09.2005
Am Montag, 19. September, kommt es zur spektakulären Bergung des LKW.

Vorsichtig fährt der 27-jährige Chauffeur der Wipfli Transporte AG mit seinem voll beladenen, zirka 32 Tonnen schweren LKW rückwärts zur Schüttstelle am Urnersee. Die Scheiben der Kabinentür sind ganz unten, eine übliche Vorsichtsmassnahme. Als er das Material, welches der Schächen während des Unwetters vom 22./23. August bei der Mündung in die Reuss angeschwemmt hatte, kippen will, bricht der Boden unter ihm ein, und der Vierachser samt Fahrer gleitet in den See. In zirka drei bis vier Metern Tiefe gelingt es dem Fahrer, sich durch das offene Fenster zu befreien. Den Lastwagen zieht es weiter hinunter, bis er in 15 Meter Tiefe im Schlamm einsinkt. Der Chauffeur schwimmt ans Ufer zurück und muss sich anschliessend wegen schmerzhaften Druckes in den Ohren ärztlich behandeln lassen.

Die Bergung des verunglückten Lastwagens erweist sich als schwieriger als vorerst angenommen. Taucher der Kantonspolizei Uri orten noch am Freitag das Fahrzeug etwa 30 Meter vom Ufer entfernt. Der LKW steckt vornüber im Schüttgut, die Hinterachse liegt im Freien. Glücklicherweise tritt kein Öl und Diesel aus. Doch das Wasser ist zu trüb, um den LKW sogleich bergen zu können.

Am Montag, 19. September, hat sich die Trübung gesetzt. Jetzt kann der herbeigeschaffte 40-Tonnen-Pneukran seine Arbeit verrichten. Doch zuvor muss er in Position gebracht werden. Zwei Nauen ziehen das Ungetüm auf einer Plattform zur Unglücksstelle. Im Hafenareal versammeln sich immer mehr Menschen und verfolgen das Spektakel. Ein Rettungsboot steht bereit - für alle Fälle, und sieben Personen der Feuerwehr Flüelen treffen Vorbereitungen, falls Öl und Diesel austreten sollten.

Dreieinhalb Stunden Bergungsarbeit

Die Bergung zieht sich in die Länge. Endlich setzt sich das Stahlseil des Krans in Bewegung, und wenig später taucht etwas Gelbes aus dem Wasser auf. Es ist das Hinterteil der LKW-Ladebrücke. Langsam gleitet der Lastwagen immer weiter in die Höhe. Nun setzen sich die beiden Nauen Richtung Ufer in Bewegung. Den Laster abzustellen, erweist sich jedoch als ein kompliziertes Unterfangen. Erst mit Hilfe von zwei Bulldozer gelingt es, das Fahrzeug auf seine vier Achsen zu setzen.

Firmenchef Peter Wipfli legt bei der Bergung tatkräftig Hand an. Nach dreieinhalb Stunden Bergungsarbeit steht ihm die Erleichterung ins Gesicht geschrieben. Der Fahrer des Unglücks-LKW habe nichts falsch gemacht, erklärt er. Niemanden treffe ein Verschulden. Der heftige Wellenschlag habe an der geschütteten Böschung genagt, bis es zum Bruch gekommen sei. Seinem Fahrer attestiert Peter Wipfli grosse Geistesgegenwart in dieser Extremsituation.

Nach fast vier Wochen hätte das Unwetter vom August beinahe doch noch indirekt ein Opfer gefordert.

Markus Arnold


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