Die Zeiten, als im Kinderheim Uri wirklich noch Kinder wohnten, sind seit heute, 1. September, definitiv vorbei. 15 Kinder lebten noch vor knapp 10 Jahren im Kinderheim Uri, zum Schluss waren es noch deren fünf. Zeit für eine Neuausrichtung, befand der Verwaltungsrat des Kinderheims. «Für das Wohnheim und die Wohngruppen besteht in Zukunft kein Bedarf mehr», erklärte Verwaltungsratspräsident Adalbert Gisler gestern Dienstag, 31. August, an einer Medienkonferenz. Kinder mit einer Behinderung würden vermehrt wieder in der Familie selber betreut. Zudem sei die Fremdplatzierung von Kindern in einem Heim auch bei Problemen in der Familie nicht die beste pädagogische Lösung. «Gefragt ist vielmehr die direkte, sozialpädagogische Unterstützung der Familien vor Ort», betont Adalbert Gisler. «Kinder sollen zu Hause oder in einer Familie aufwachsen können», bekräftigt auch der Geschäftsleiter von «kind und familie», Toni Arnold.
Wohngruppen aufgelöst«Die aktuelle Veränderung ist eine der grössten, welche diese Institution in ihrer Geschichte erlebt hat», betont Adalbert Gisler. Im Sommer dieses Jahres wurden die verbleibenden zwei Wohngruppen des Kinderheims deshalb aufgelöst. Für drei der Kinder konnte eine Lösung bei der Stiftung Behindertenbetriebe Uri gefunden werden, zwei Kinder werden in einer Pflegefamilie betreut. Die Schliessung der Wohngruppen hatte auch Auswirkungen auf den Personalbestand. Sieben Mitarbeitende, die sich insgesamt rund 300 Stellenprozente teilten, verloren ihre Arbeit. Durch frische Angebote habe man aber auch neue Stellen geschaffen, relativiert Toni Arnold. «Insgesamt hat kind und familie 68 Mitarbeitende, davon rund 20 direkt in oder bei Familien ausserhalb der Institution.» Weiter werden sieben Lernende ausgebildet und sechs Praktikumsplätze angeboten.
Neue Angebote geschaffenNun tritt das Kinderheim Uri mit dem neuen Namen «kind und familie» auf. «Mit dem Verzicht auf die stationären Angebote verliert die Institution Kinderheim Uri den Heimcharakter», begründet Adalbert Gisler den Entscheid für den Namenswechsel. «Bei unserer Arbeit steht die Familie ganz klar im Zentrum. Das soll der neue Name besser zur Geltung bringen», erklärt Toni Arnold. Bereits im Frühjahr hat «kind und familie» neue Angebote aufgebaut, welche die Wohngruppen ersetzen sollen. «Wir bieten eine sozialpädagogische Familienbegleitung an», erklärt Toni Arnold. «Damit gewährleisten wir eine vorübergehende Erziehungs- und Familienhilfe direkt bei den Familien zu Hause.» «kind und familie» vermittelt und betreut auch Pflegefamilien, in den Kinder ein zeitlich begrenztes zu Hause finden. Zum Angebot der Institution zählen neu auch begleitete Besuchstage. Toni Arnold: «Das ist dann vonnöten, wenn zum Wohle des Kindes ein Elternteil das Besuchsrecht nicht selbstständig wahrnehmen darf.»
Kindertagesstätte nicht betroffenVon den Änderungen bei «kind und familie» nicht betroffen ist die Kinderbetreuung - etwa die Kindertagesstätte Kita, die Tagesfamilien oder der Mittagstisch. «Diese Angebote laufen weiter wie bisher», erklärt Toni Arnold. Insgesamt nützen rund 220 Kinder aus 155 Urner Familien eines der Angebote von «kind und familie».
Längerfristig möchte das ehemalige Kinderheim Uri zur ersten Anlaufstelle für alle Fragen rund um die Themen Familie und Kind werden. «Mit der Aufhebung der Wohngruppen sind Räume frei geworden, die wir nun anderweitig nützen wollen», betont Verwaltungsratspräsident Adalbert Gisler. Mit baulichen Anpassungen in den vorhandenen freien Räumen sollen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass weitere Institutionen, die sich in Uri mit Kindern, Jugendlichen und Familien befassen, ihr Wirkungsfeld auf das Areal der Gemeinnützigen Gesellschaft Uri verlegen könnten. Hier würden sich bereits «kind und familie» sowie das Heilpädagogische Zentrum Uri mit der neuen Therapiestelle befinden. «So könnten Synergien hergestellt und genutzt werden», erklärt Adalbert Gisler.
Am Samstag, 11. September, sind alle Urner Kinder eingeladen, zwischen 10.00 und 16.00 Uhr auf dem Areal von «kind und familie» nach Herzenslust zu spielen. Neben einer Festwirtschaft sorgt auch der Zauberer Lukky für Unterhaltung. Der Eintritt ist frei.
Ralph Aschwanden