Das Ursertal - wohin?

Das Urserntal kämpft - wie andere Urner Randregionen auch - mit vielfältigen Problemen. Verlust der Bundesarbeitsplätze, Abwanderung und fehlende Finanzen für dringend notwendige touristische Investitionen sind neben anderen die grössten Herausforderungen. Die FDP-Landrätinnen und Landräte ...
02.05.2002
liessen sich am Samstag, 27. April, aus erster Hand in Andermatt über die aktuelle wirtschaftliche Situation und die Zukubftsperspektiven in Ursern orientieren. Der Anlass stiess sowohl bei der FDP-Fraktion als auch bei den Urschner FDP-Mitgliedern, die ebenfalls zum Seminar eingeladen waren, auf positives Echo.

Obwohl das Urserntal seit Jahrhunderten zum Kanton Uri gehört, stellt die Talschaft bis heute etwas Besonderes dar. Sie besitzt eine eigene Korporation, ein eigenes Talgericht, und ihre Einwohnerinnen und Einwohner sprechen einen deutlich anderen Dialekt als im unteren Kantonsteil. Auch die Wirtschaft präsentiert sich hier anders: Überdurchschnittlich viele sind im Tourismus tätig, und gut hundert Jahre lang bot die Armee mit dem Waffenplatz und der Kaserne vielen Urschner ein sicheres Einkommen. Doch in letzter Zeit hat sich die wirtschaftliche Lage in Ursern radikal geändert. Der Bund hat aufgrund der «Armeereform 95» zahlreiche Stellen abgebaut, und die demnächst anstehende «Armeereform XXI» wird zusätzlich rigorosoe Umstrukturierungen zur Folge haben.

Bundesarbeitsplätze

Die Tagung der FDP-Landrätinnen und Landräte stand unter dem Titel «Ursern wohin?». In einem ersten Schritt analysierten drei Impulsreferate die heutige Situation. Anschliessend wurden die einzelnen Themen vertiefter angegangen. Daniel Favez legte eingangs kurz die Auswirkungen der Armeeform auf die Bundesarbeitsplätze in Andermatt dar. Zwischen 1997 und 2002 sind im Festungswachkorps über 70 Stellen ersatzlos gestrichen worden. Dieser schleichende Stellenabbau hat für das Tal fatale Folgen. Während Andermatt 1960 noch über 1 500 Einwohnerinnen und Einwohner zählte, sind es heute gut 1 300. Diese rasante Abwanderung verursacht viele Probleme, angefangen von Steuerausfällen über einen Rückgang der Schülerzahlen bis hin zur Schwierigkeit, dass einzelne Vereine ihre Tätigkeiten nur noch mit grösster Mühe ausüben können.

Die Frage, wie es mit den Bundesarbeitsplätzen weitergehen wird, wurde anschliessend in einer Podiumsdiskussion eingehend diskutiert. Regierungsrat Peter Mattli wies die Vorwürfe zurück, die Regierung habe sich zu wenig um den Erhalt der Bundesarbeitsplätze eingesetzt. Der Kommandant des FWK Region 5, Rolf Indergand, zeigte auf, dass in Folge der «Armeereformen 95» und «Armeereform XXI» die Berufsleute der Schweizer Armee andere Aufgaben zu erfüllen haben, als dies früher der Fall war. Die Mitglieder der Festungswachtkorps werden heute vorwiegend zur Sicherung der Grenzen und Botschaften sowie zur Sicherung des Friedens eingesetzt. Dazu sind intensive Umschulungen notwendig. Gerhard Regli hat die Umstrukturierungen in den letzten Jahren erlebt. Er bemängelte die extrem grosse Arbeitsbelastung der auswärts diensttuenden Armeeangehörigen. «Während die Aufgaben immer vielfältiger wurden, sind dauernd Stellen gestrichen worden», meinte Gerhard Regli. Wenn hier nicht Gegensteuer geschaffen werde, würde der eine oder andere Armeeangehörige kündigen und im Unterland eine andere Arbeit suchen. Auch für Adalbert Gisler, den Verwalter des Zeughauses in Amsteg, ist klar, dass sich der Kanton Uri entschlossen dafür einsetzen muss, dass nicht noch mehr Arbeitsplätze abgebaut werden. Das Problem sei nur, dass auch andere Gegenden hart betroffen seien und jede für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze kämpfe.

Einig war man sich in der offenen Diskussion, dass das Militär auch weiterhin in Ursern und dem ganzen Kanton ein lebenswichtiger Partner bleiben muss. Der Bund, der jahrzehntelang in Ursern eine bedeutende Rolle gespielt hat, müsse auch weiterhin in die Pflicht genommen werden. Uri dürfe dabei nicht als Bittsteller auftreten, sondern als ein Kanton, der seine berechtigten Forderungen stellt.

Rolle der Gemeinden und der Korporation Ursern

Der zweite Teil des Anlasses widmete sich den politischen Strukturen des Tals. Der Realper Landrat Karl Cathry ging in seinem Impulsreferat der Frage nach, ob ein Zusammenschluss der drei Urschner Gemeinde anzustreben sei. Cathry ist überzeugt, dass ein Zusammenschluss die Talschaft stärker machen würde und die Synergien besser genutzt werden könnten. So wie im Unterland würden auch in Ursern die Gemeinden in der Bewältigung ihrer Aufgaben an ihre Grenzen stossen, und die Behörden seien nur noch mit Mühe zu besetzen. Doch ob ein Zusammenschluss all die Probleme mit einem Schlag lösen würde, bezweifelt der Landrat und langjährige Gemeindeschreiber aus Realp. Vor allem die heute grosse freiwillige Tätigkeit vieler Bürgerinnnen und Bürger sieht er bei nur noch einer Urschner Gemeinde in Gefahr.
Im Anschluss an das Kurzreferat bot sich für die Teilnehmerinnnen und Teilnehmer des Seminars die Möglichkeit, Talammann Karl Danioth über das Verhältnis der drei Gemeinden untereinander, die Beziehung der Talschaft zum Kanton und die Rolle der Korporation auszufragen. Karl Danioth, der wie kaum ein Zweiter das Tal und seine über Jahrhunderte gewachsenen Strukturen kennt, bereitet vor allem Sorge, dass Ursern wirtschaftlich und bevölkerungsmässig auszubluten droht. Während in anderen Gegenden - etwa in der oberen Leventina oder im Tavetsch - in den letzten Jahren mit viel Geld touristische Infrastrukturen ausgebaut werden konnten, fehlen in Ursern die Finanzen. Das einzige Kapital, welches das Tal besitzt, ist die Nutzung der Wasserkraft. Doch die dafür zu bezahlenden Wasserzinse gehen fast restlos in die Kantonskasse, obwohl sie nach eidgenössischer Gesetzgebung eigentlich dorthin zurückflüessen müssten, woher sie stammen. Für Karl Danioth ist klar, dass Ursern nur dann eine Chance besitzt, wenn es gelingt, die Kräfte zu bündeln und gemeinsam Lösungen zu finden. Ein erstes positives Signal sieht er im Bau und Betrieb einer Sport-Mehrzweckanlage, die auf besten Wegen ist.

Tourismus

Fremdenverkehr und Wintersport spielen im Urserntal seit langem eine wichtige Rolle. Für Peter Heinzer, Direktor der Andermatt Gotthard Sportbahnen AG, kann Ursern touristisch nur überleben, wenn sie über die Kantonsgrenzen hinaus mit den umliegenden Gegenden enger zusammenarbeitet. Zurzeit laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Ein kürzlich gegründeter Verein hat sich zum Ziel gesetzt, im Laufe des Sommers eine Aktiengesellschaft zu gründen, welche den Tourismus in der vier Kantonen angehörenden Region Gotthard-Furka-Oberalp fördern will.

Am Nachmittag widmeten sich die Seminarteilnehmerinnen und -teilnehmer in Gruppen ausschliesslich dem Tourismus. Für alle war klar, dass der Tourismus der Wirtschaftszweig in Ursern ist, den es besser zu nutzen gilt. Die Frage ist nur, wie. Ein engerer Zusammenschluss innerhalb der Region und mit dem unteren Kantonsteil wird als ebenso wichtig angesehen wie eine bessere Vermarktung der Gegend. Positiv vermerkt wurde, dass in Ursern die Tourismusanbieter geschlossener als auch schon auftreten. Einmal mehr waren sich die FDP-Landrätinnen und Landräte sowie die an der Tagung teilnehmenden Urschner FDP-Mitglieder einig, dass nur ein Miteinander zum Ziel führen kann.

Positives Echo

Für FDP-Parteipräsident Stefan Baumann war die Tagung ein voller Erfolg. «Die FDP-Parlamentariennen und Parlamentarier haben sich einen Tag lang mit Fragen rund um Ursern beschäftigt. Sie haben dabei Einblick in Probleme einer Randregion gewonnen, die auch anderswo im Kanton auftreten,» Für Stefan Baumann war auch der Kontakt mit der einheimischen Bevölkerung sehr wertvoll. «Wir haben aus erster Hand erfahren, wo in Ursern der Schuh drückt.» Der FDP-Präsident ist überzeugt, dass die in Andermatt gewonnen Informationen in irgendeiner Form in die parlamentarische Arbeit einfliessen werden. Und ebenso klar ist für ihn, dass dies nicht das letzte Seminar der FDP-Fraktion war. «Gerade in der heutigen hektischen Zeit ist es ab und zu notwendig, dass man sich Zeit nimmt, um sich in aller Ruhe intensiv mit einem Thema auseinandersetzen kann», meinte Stefan Baumann.





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