Walter Gisler liebt die Natur und die Tiere. Im Riental kennt er sich aus, fernab von Hetze und Verkehr fühlt er sich wohl. Seit 22 Jahren ist er im Besitz des Jagdpatentes, und ebenfalls seit 22 Jahren ist Cousin Peter Arnold sein Jagdpartner. «Von morgens früh bis abends ist jeder von uns alleine unterwegs. Erst zu später Stunde treffen wir uns wieder in der Jagdhütte», erzählt der begeisterte Jäger. Am Montag, 6. September, hat die diesjährige Jagdsaison begonnen. Bereits nach dem zweiten Jagdtag ist Walter Gisler wieder aus seinem Jagdgebiet heruntergekommen, um seinen Pikettdienst als Schweisshundeführer zu erfüllen. «In diesem Jahr sind es 14 Gespanne, die Annalise Müller - sie führt seit Jahren die Meldezentrale - für den Pikettdienst aufbieten kann», erklärt der Bürgler Jäger. Bereits vor Jagdbeginn wurden die Dienstpläne erstellt, die möglichen Einsatzzeiten sind bekannt. In der Interessengemeinschaft Nachsuchewesen Uri (IGNWU) machen zurzeit 20 Hundegespanne aktiv mit. Daneben ist Walter Gisler auch Mitglied des Schweizerischen Schweisshund-Clubs.
Hund und Führer brauchen eine gute Kondition«Das Wichtigste der Jagd ist ganz klar die Nachsuche», betont der zweifache Familienvater, «deshalb verzichte ich während des Pikettdienstes gerne aufs Jagen.» Dass ihm das so wichtig ist, begründet er mit ethischen Werten und seiner Tierliebe. In den vergangenen rund 14 Monaten hat er mit seinem Hannoveraner Schweisshund gezielt gearbeitet und trainiert. Ein Training, das ohne Unterstützung seiner Frau Agnes gar nicht zu bewältigen wäre. «Die Familie muss mittragen, sonst könnte ich dem Tier neben den beruflichen Verpflichtungen niemals gerecht werden», anerkennt Walter Gisler. Zweimal täglich wird am Konditionsaufbau des Hundes gearbeitet. Anfänglich waren die gewählten Laufstrecken kürzer, dann zunehmend länger. Diesbezüglich orientierte sich Walter Gisler an der Faustregel: pro Altersmonat täglich 10 Minuten. Inzwischen ist Arco 17 Monate alt, knapp 3 Stunden Training pro Tag sind für ihn somit keine Überforderung. «Wenn ein Hund nicht seriös und aufbauend trainiert wird, ist das dem Tier gegenüber unfair», bekräftigt der Hundeführer.
Abwechslungsreiches TrainingNeben dem Aufbau der Kondition hat Walter Gisler seinen Schweisshund natürlich auch auf die Fährtensuche vorbereitet. Mit einem selbst konstruierten Spezialschuh stampfte er oder sein Hundeführerkollege Walter Müller einmal wöchentlich - ohne Begleitung des Hundes - durch den Wald, um eine Fährte zu legen. Dieser musste Arco am nächsten Abend folgen. «Den Schuh habe ich mit der Schale (Fussabdruck) präpariert», veranschaulicht Walter Gisler, der einem konstanten und allem voran auch konsequenten Training eine hohe Bedeutung beimisst. «Damit der Hund flexibel bleibt, ist es wichtig, das Training abwechslungsreich zu gestalten. Wichtig ist auch ein gutes Mass, damit es dem Tier nicht verleidet.» Und hat Arco die «präparierte Fundstelle» aufgespürt, darf natürlich ein Cervelat als verdiente Belohnung nicht fehlen.
Vor dem Einsatz wird geprüftNach bestandener Prüfung sind Walter Gisler und sein «Hannoveraner» Arco bereit für den Ernsteinsatz. Im Rahmen einer Prüfung des Schweizerischen Laufhund-Clubs hat «Arco» seinen Leistungsstand und seine Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt. Weiter wurden die Wesensfestigkeit und die Arbeitsfreude sowie die Zusammenarbeit von Führer und Hund geprüft.
Bereits vor dem Kauf des Hundes im Juni 2009 hat sich Walter Gisler anhand von Büchern und DVDs intensiv mit der Wesensart dieser Tiere und der Arbeit mit einem Schweisshund auseinandergesetzt. Er hat am Wissen seiner Klubkollegen teilgenommen, viel gefragt und sich mit Hundeführern unterhalten.
«Für mich wäre nie eine andere Hunderasse infrage gekommen», versichert der Jäger. «Die Tiere sind sehr folgsam und friedlich, sodass man sie auch gut zusammen mit Kindern halten kann. Die Beziehung zum Führer ist sehr stark.»
Einsatz während der JagdWird das eingespielte Duo in den nächsten Tagen für eine Nachsuche aufgeboten, fährt Walter Gisler mit «Arco» ins entsprechende Gebiet. Dort wird er den Jäger treffen, der Meldung erstattet hat. «Schweissarbeit ist Vertrauenssache», betont Walter Gisler. Deshalb sei es für ihn selbstverständlich, dass er den Namen des Jägers, der den Fehlschuss verursachte, strikte geheim hält. - Sobald der Hundeführer die entscheidenden Informationen über den Unfallhergang hat, gibt es für den Hundeführer nur noch eines: angeführt von «Arco» möglichst schnell das verletzte Tier erlösen zu können. Nach einer erfolgreichen Nachsuche wird ein genaues Nachsucheprotokoll erstellt, das wiederum an die Meldestelle zurückgeht. Gemäss Jagdstatistik musste im vergangenen Jahr zu 47 Nachsuchen aufgeboten werden. Rund 50 Prozent der Wildtiere konnten gefunden oder mittels Fangschuss erlegt werden. Wie klar Walter Gisler seine Leidenschaft als Jäger und die Aufgabe der Nachsuche trennt, beweist er, wenn er sagt: «In einem fremden Jagdgebiet würde ich während des Einsatzes als Schweisshundeführer nie auf ein gesundes Tier schiessen, selbst wenn ich den schönsten Gämsbock in Sichtweite hätte.» Schweisshund Arco stammt aus spezieller Zucht, deren Stammbaum entsprechend festgehalten ist. Die Lebenserwartung dieser «Hannoveraner» beträgt zehn bis zwölf Jahre. Dem erst 1 1/2-jährigen «Arco» stehen noch viele Nachsuchen bevor.
Luzia Schuler-Arnold