Mit Regen, Blitz und Donner beginnt «Ryysswärts»
unheimlich im Halbdunkel auf der Bühne des Theater(uri). Mit feinen Klängen setzen die Bläser ein, dazu erklingt mystisch das Alphorn. Klarinette und Akkordeon übernehmen und verstärken die Stimmung, dudelsackähnlich. Hier, in den Urner «Highlands», wird die Reuss geboren und macht sich auf die Reise durch den Kanton Uri.
In Bild und TonEs ist ein fantastisches Werk, das Thomas Gabriel für das Urner Brassensemble Urbrass komponiert respektive arrangiert hat. Angelehnt an Friedrich Smetanas bekanntem Werk «Die Moldau» beschreibt es die Reuss von den sprudelnden Quellen im Furkagebiet bis zur Mündung in den Urnersee. Meisterhaft werden die musikalischen Hauptmotive der «Moldau» verarbeitet.
Gebannt verfolgte das Publikum im Theater(uri), wie sich die junge Reuss vom Bächlein zum Bach dann zum schwellenden Fluss entwickelte: mal harmlos sprudelnd, dann wieder schäumend und mit gewaltiger Urkraft. Visuell wurde die musikalische Reise mit beeindruckenden Bildern der Reuss untermalt. So wusste das Publikum stets, welcher Reuss-Abschnitt gerade musikalisch verarbeitet wurde.
«Alle meine Entchen»Im Urserental vereinigen sich die verschiedenen Reussen und stürzen sich darauf mit viel Getöse unter der Teufelsbrücke hindurch in die Schöllenenschlucht. Die Melodie «Der Tifel isch gschtorbe», von Michel Villa ertönt, nicht als lustiges Stimmungslied, sondern naturgewaltig, ja fast bedrohlich. Von Göschenen gehts, oft verborgen in Schluchten, vorbei an Wassen und Gurtnellen nach Amsteg, wo sich die Reuss vom Gebirgsbach zum gemächlichen Fluss wandelt, der sich durch die Talebene dahinzieht.
Immer wieder gelangen Nebenbäche in die Reuss. Auch musikalisch geschieht diese Vereinigung. Urnerische Melodien wie «Zoogä-n am Boogä», «Alpäroosä, Edelwyss», die Wilhelm-Tell-Ouvertüre von Gioacchino Rossini vermischen sich mit den Moldau-Themen. Sie ergänzen den musikalischen Hauptfluss und werden nicht einfach von ihm mitgerissen.
Grandiose Solo-EinlagenDie Charaktere der Reuss widerspiegeln sich musikalisch nicht nur in den vielseitigen Themen, sondern auch in der Form und im Stil: mal klassisch, mal ländlermusikartig, dann jazzig, rockig, funkig oder auch als Bigband-Sound. Grandiose Solo-Einlagen von Thomas Gabriel (Piano und Posaune) sowie von Christian Simmen (Trompete) vervollständigen das Werk. Feierlich und majestätisch löst sich schliesslich die Reuss im See auf. Wie im Original von Friedrich Smetana wechselt das Hauptmotiv von der Moll- in die Dur-Tonart und tönt fast identisch, wie das bekannte Kinderlied «Alle meine Entchen». Willkommen im Urnersee!
Meisterhaft arrangiertThomas Gabriel ist ein meisterhafter Arrangeur. Das weiss das Urner Publikum spätestens seit dessen witzigen Arrangements von Urner und Schweizer Volksliedern, welche seit ein paar Jahren zum «Urbrass»-Repertoire gehören. Mit «Ryysswärts» hat der Obwaldner sein Können einmal mehr auf eindrückliche Art und Weise bewiesen. «Ryysswärts» ist ein Auftragswerk von Aquaplus, einem Beratungsunternehmen für Umweltfragen. Anlässlich ihres 17-jährigen Bestehens hatte die Firma die «Urbrass»-CD in Auftrag gegeben.
Es war ein Genuss, die zwölf «Urbrass»-Musiker sowie die hochkarätige Ländlerkapelle mit Daniel Häusler (Klarinette), Joseph Bachmann (Akkordeon), Peter Gisler (Bass) und Karl Arnold (Piano) live zu erleben. Es war Reussmusik, die mitten ins Herz floss. Die Zuschauerinnen und Zuschauer waren begeistert und spendeten minutenlangen Applaus.
Im zweiten Konzertteil spielte «Urbrass» Stücke aus der CD von 2004 «Mäitäli wenn dü witt» mit den erfrischenden Urner und Schweizer Volksliedern: jazzig, poppig und modern. Erneut lief das Brassensemble zu Hochform auf und brachte dem Publikum gerne die geforderten Zugaben.
Markus Arnold