12 Milliarden Franken investiert der Bund in den Bau der Neat-Strecke am Gotthard. Doch für den Bau der Zufahrtslinie am Axen fehlt nun offensichtlich das Geld - oder der Wille. Denn gemäss dem in der vergangenen Woche vorgestellten Plänen des Bundesamtes für Verkehr (BAV) und den SBB wird bis 2030 kein Axentunnel zwischen Brunnen und Flüelen gebaut, lediglich eine Profilerweiterung auf 4 Meter Eckhöhen ist vorgesehen. «Damit werden die Zufahrten auf einem absoluten Minimum gehalten», erklärt Landammann Isidor Baumann. «Man kann sich wirklich fragen, ob die Erstellung des Neat-Basistunnels damals die richtige Botschaft war, wenn man am Schluss der Nutzung dieser Grossinvestition nicht einen grösseren Stellenwert geben will.»
Versprechen nicht eingehaltenDass SBB und BAV bei der «Bahn 2030» keinen Axentunnel vorsehen, überrascht Isidor Baumann. «Insbesondere wenn man sich vor Augen führt, was im Umfeld der Neat in den letzten 20 Jahren alles versprochen wurde», meint der Landammann. Jahrelang habe man bei den SBB davon gesprochen, dass man zuerst den Basistunnel am Gotthard erstelle und anschliessend die Zufahrtsstrecken ausbaue. «Dies wurde dem Volk bei der Neat-Vorlage auch so kommuniziert.» Aufgrund der von den SBB und dem BAV vorgestellten Ausbauprojekten stellt der Urner Volkswirtschaftsdirektor nun aber fest, dass sich die Prioritäten verlagert haben: «Wurde früher dem Güterverkehr und der Verlagerung der Güter auf die Schiene grosse Bedeutung zugemessen, scheint nun für die SBB vor allem der Personenverkehr von Bedeutung zu sein.» Entsprechend seien die im Bericht der SBB vorgeschlagenen Ausbauprojekte vor allem auf die Ost-West-Achse ausgerichtet sowie auf mehr Sitzplätze und mehr Züge im Personenverkehr. Selbst die Profilerweiterung auf 4 Meter am Axen würden mit dem Einsatz von Doppelstockzügen begründet. Seine Forderung nach Bern ist klar: «Eine Überarbeitung der Pläne der SBB und des BAV ist zwingend.» Zudem müsse die SBB Klarheit schaffen, was mit den für den Bau des Axentunnels reservierten Gebieten im Norden Altdorfs geschehen werde.
Altdorf fordert AusbauBetroffen von einem möglichen Verzicht auf den Axentunnel sind vor allem die Gemeinden Altdorf, Flüelen und Sisikon. Die Gemeindepräsidentin von Altdorf, Barbara Bär, setzt ein Fragezeichen hinter die reduzierten Ausbaupläne der Bahn: «Wie soll die Flachbahn durch die Alpen Realität werden, wenn die Zufahrtslinien in Altdorf Nord nicht entsprechend ausgebaut sind?» Für Barbara Bär stehen aus Sicht von Altdorf zwei Anliegen ganz klar im Vordergrund: «Der Kantonalbahnhof und die entsprechende Zufahrt im Norden müssen vorangetrieben werden. Grosse Bedenken habe ich zudem betreffend der Trassekapazitäten.» Die SBB rechneten in Zukunft mit mehr Verkehr auf der Axenlinie. Sie hätten auch schon durchblicken lassen, dass ohne Ausbau der Axenlinie die Kapazitäten knapp werden könnten. «Für den Kanton Uri wäre es katastrophal, wenn die Regionalverbindungen von und in den Kanton auf Busse verlegt würden, wenn die Kapazitäten eben nicht mehr reichen. Diesbezüglich fordern wir, dass die SBB Klarheit schafft, wie sie damit umzugehen gedenkt.» Eine Auswirkung auf die laufende Orts- und Zonenplanung der Gemeinde haben die Pläne der SBB aber nicht. Klar ist hingegen für Barbara Bär, dass sich Uri weiterhin für die Umfahrung von Flüelen stark machen soll.
Damit liegt sie auf einer Linie mit dem Flüeler Gemeindepräsidenten Beat Walker. Auch er möchte, dass Flüelen zumindest von den Güterzügen in Zukunft umfahren werden kann. «Falls man die Neat wirklich zur Neat machen will, dann muss der Axentunnel gebaut werden.» Noch sei allerdings nichts verloren, auch wenn man es in Flüelen lieber gesehen hätte, dass der Axentunnel bereits in der Planung der SBB und des BAV integriert wäre. «Aufgrund der engen Kurvenradien muss in Flüelen früher oder später sowieso ausgebaut werden», ist Beat Walker überzeugt. Und das könne nur im Berg passieren.
Uri will den AxentunnelWie aber geht es nun für Uri weiter? Isidor Baumann: «Wir werden uns - gemeinsam mit den anderen Zentralschweizer Kantonen dafür stark machen, dass sowohl der Axentunnel, als auch der Tiefbahnhof Luzern und der Zimmerbergtunnel gebaut werden.» Noch haben die Kantone Zeit, sich für ihre Anliegen in Bern einzusetzen. Denn zunächst werden sich nun alle Betroffenen zu den vorgestellten Plänen äussern. Danach verabschiedet der Bundesrat ein Projekt, das in eine ordentliche Vernehmlassung geht. «Und das letzte Wort hat das Volk, wenn über die Finanzierung der Bahn 2030 abgestimmt wird», so Isidor Baumann.
Die SBB sehen keinen zusätzlicher Trassenbedarf am AxenFür die SBB hat der Ausbau der Axenstrecke keine Priorität, wie Mediensprecher Roman Marti festhält. Er weist allerdings darauf hin, dass der Axentunnel sehr wohl in der Planung zur Bahn 2030 erwähnt sei, «nämlich unter Engpassbehebung Güterverkehr Gotthard-/Lötschbergachse, momentan jedoch in der Kategorie Priorität 2», heisst es in einer Stellungsnahme. «Der Axentunnel wurde im Hinblick auf die Frage von Kapazitätserweiterungen im Rahmen von Bahn 2030 untersucht. Die Untersuchungen ergaben, dass zirka bis ins Jahr 2030 kein zusätzlicher Trassenbedarf im Personen- wie im Güterverkehr diese Massnahme erforderlich macht. Der mögliche Zusatznutzen dieses Tunnels kann die sehr hohen Investitionskosten nicht aufwiegen», so Roman Marti weiter. Allerdings sei der Sanierungsbedarf des Seegleises am Axen ab 2030 unbestritten. Bei diesem könne gegebenenfalls der Bau eines neuen Tunnels nötig werden. «Da diese Frage jedoch durch den Unterhalt beziehungsweise die Instandhaltung des Tunnels ausgelöst wird, ist eine Lösung ausserhalb des Rahmens von Bahn 2030 zu suchen. Zweckmässigkeitsuntersuchungen für den Bau eines neuen Axentunnels stehen noch aus.» Roman Marti betont, dass es sich beim vorgelegten Bericht um ein Zwischenergebnis handelt. Noch könne sich einiges ändern. Mit dem Projekt «Bahn 2030» sollen bestehende Engpässe auf dem Schweizer Schienennetz beseitigt werden. Das Bundesamt für Verkehr (BAV) erarbeitete zusammen mit der SBB zwei Varianten des Projektes mit Investitionsvolumen von 21 beziehungsweise 12 Milliarden Franken. Schwerpunkte darin sind zusätzliche Züge auf der Ost-West-Achse sowie, in der Variante für 21 Milliarden Franken, Verbesserungen für den regionalen öffentlichen Verkehr. Für den Güterverkehr sind nebst anderen auch Massnahmen auf der Nord-Süd-Achse vorgesehen.
Ralph Aschwanden