nheit. Beim abschliessenden Wettkampf im Bobanschieben vermochte dem Schwyzer Kraftpaket erwartungsgemäss keiner der Aspiranten das Wasser zu reichen.Dass Martin Annen den Weg in die Urschner Metropole fand, ist dem Schweizer Bob-Nationaltrainer Dominik Schärer zu verdanken, der zurzeit in Andermatt einen WK absolviert. «Er hat uns angefragt, ob wir Interesse hätten an einer Sportlektion mit Martin Annen», erklärte Stabsadjutant Hartwig Birrer, der als Klassenlehrer der angehenden Korporäle verantwortlich zeichnet. «Selbstverständlich wollten wir uns diese Gelegenheit nicht entgehen lassen, ist doch ein Training, verbunden mit einem kleinen Wettkampf, zusammen mit einem Olympiamedaillengewinner zweifellos für alle etwas ganz Spezielles», so Hartwig Birrer zum Entscheid, der offensichtlich nicht lange überlegt werden musste. Wer den gefragten Weltklassepiloten zivil für einen ähnlichen Anlass verpflichten möchte, hat in der Regel recht tief in die Tasche zu greifen.
Voll motivierte AspirantenDie in der Mehrzweckhalle abgehaltene Lektion begann bereits um 7.00 Uhr und dauerte rund 90 Minuten. Zunächst gab es unter der gemeinsamen Leitung von Dominik Schärer, der soeben den vom Schweizerischen Olympischen Verband (SOV) anerkannten Diplomtrainerlehrgang erfolgreich abgeschlossen hat, und Martin Annen ein intensives Aufwärm- und Kräftigungsprogramm mit bobspezifischen Konditions-, Sprint- und Sprungkraftübungen. Die angehenden Korporäle genossen sichtlich die Abwechslung. Voll motiviert, zum Teil beinahe sogar übermotiviert waren dann alle beim abschliessenden Wettkampf. Dabei ging es darum, ein mit Hantelscheiben beschwertes Gefährt, das, vereinfacht gesagt, als überlanger Einkaufswagen ohne Korb bezeichnet werden kann, aus dem Stand möglichst schnell über eine exakt abgesteckte Distanz zu schieben. Ein Aspirant legte sich derart mächtig ins Zeug, dass ihm der beinahe zentnerschwere «Schlitten» nach dem Ziel entglitt und ungebremst in die Kletterstange donnerte. Schäden resultierten daraus erstaunlicherweise keine. Insgeheim hoffte wohl der eine oder andere, eine Zeit vorlegen zu können, an der sich der Bobprofi die Zähne ausbeissen würde. Schnellster unter den Aspiranten war Danillo Roth aus Moutier mit 3,04 Sekunden. Etliche seiner Kollegen kamen ganz nahe an diese Marke heran. Für die Bestzeit erhielt Danillo Roth vom Bobstar nebst einem Sackmesser auch die Bronzemedaille aus Salt Lake City. Letztere allerdings nur symbolisch, denn dieses bisher wertvollste Erinnerungsstück würde der stets zu Spässen aufgelegte Schwyzer wohl unter keinen Umständen wirklich hergeben.
Stets auf der Suche nach TalentenZum Schluss gab Martin Annen eine Kostprobe seines athletischen Potenzials. Obwohl leicht angeschlagen, wuchtete er die Bobattrappe in beeindruckenden 2,78 Sekunden von Zeitschranke zu Zeitschranke. Das sich der ehemalige Juniorenweltmeister und mehrfache Gewinner von Weltcupveranstaltungen bereits in hervorragender körperlicher Verfassung befindet, stellte er erst kürzlich an den Anschieber-Weltmeisterschaften unter Beweis, wo er zusammen mit seinem Partner die Silbermedaille holte. Obwohl ihm keiner seiner «Konkurrenten» in Andermatt das Wasser reichen konnte, zeigte Martin Annen sich von deren Leistungen beeindruckt: «Man hat schon gesehen, dass sich die Leute viel bewegen und entsprechend körperlich ganz gut drauf sind.» Ob sich unter den Aspiranten das eine oder andere Talent befindet, vermochten weder Martin Annen noch Dominik Schärer auf die Schnelle zu beurteilen, zumal früh morgens wohl noch nicht alle körperlich «voll im Saft» waren. Gute Ansätze seien aber zweifellos vorhanden. - In der Schweiz halten die Bobpiloten stets Ausschau nach schnellen Hinterleuten, vor allem diejenigen aus der zweiten Reihe. Am häufigsten werden die Bremser aus der Leichtathletik rekrutiert. Aber auch Athleten aus Nationalturner- und Schwingerkreisen haben es im Bobsport schon oft ganz weit gebracht.
Urs Hanhart