Im September vergangenen Jahres kam die unerfreuliche Nachricht der Emmi AG: Per 1. Mai wird in der Sennerei Loreto keine Milch mehr angenommen. Die Bauern sollten selber eine Lösung suchen. «Innerhalb von rund 20 Jahren ist das nun die zweite Sennerei, die das Schächental verliert», erinnert Klaus Kempf.
Natürlich hätten die Mitglieder der Milchgenossenschaft Loreto die Käserei gerne gerettet. Doch für eine realistische Möglichkeit habe die Besitzerin der Käserei nicht Hand geboten, hält Klaus Kempf fest. Bis zur ausserordentlichen Generalversammlung vom 5. Januar wurden verschiedene Möglichkeiten geprüft, mögliche Standorte abgeklärt, die Tragbarkeit einer gemeinsamen Milchannahmestelle berechnet.
«Zahlreich sind die Bauern am 5. Januar der Einladung zur Versammlung gefolgt. Das Interesse an einer gemeinsamen Lösung war deutlich spürbar», versichert Klaus Kempf. Einstimmig wurde an diesem Abend der Beschluss gefasst, auf genossenschaftlicher Basis eine eigene Milchsammelstelle einzurichten. Klaus Kempf wurde als Präsident der Arbeitsgruppe bestimmt.
Oberstes Gebot ist die QualitätAm Mittwochabend, 29. April, herrschte im Holzboden in Spiringen Hochbetrieb. Die Milchannahmestelle im Gebäude des VMC Spiringen war sauber geputzt und neu eingerichtet. Bruno Christen von der Firma DeLaval instruierte die zahlreich erschienenen Milchlieferanten über die genauen Abläufe.
«Die Hygiene ist uns besonders wichtig», betont Klaus Kempf, Trotz höheren Investitionskosten habe man dafür gesorgt, dass bis zur letzten Milchablieferung genügend warmes Wasser vorhanden sei. Zwei Aggregate sorgen für die Kühlung der Milch. Die Wärmerückgewinnung wird zum Aufwärmen des Wassers genutzt.
Besonders genau wollen Gusti Herger und Julius Stadler die Abläufe kennen. Sie werden sich die Arbeit des Stellenleiters teilen. Seit gestern Freitag, 1. Mai, setzt Alois Brand jeden Morgen um 6.30 Uhr - bevor die ersten Bauern ihre Milch in die Annahmestelle bringen - die Anlage in Betrieb. «Um die Betriebskosten möglichst tief zu halten, übernimmt jeder Bauer das Pumpen aus den Kannen sowie das Abfüllen der Milchprobe oder das Reinigen der Kannen selber», erklärt Klaus Kempf.
Die Milchmenge wird elektronisch erfasst, die Abrechnung über den Milchpool der Zentralschweizer Milchproduzenten (ZMP) erledigt. - Pro Tag liefern die 45 Bauern, die sich in der neu gegründeten Genossenschaft zusammengeschlossen haben, zirka 600 Liter Milch ab. Jährlich werden um die 1,3 Millionen Liter angeliefert, um dann von der Zgraggen Transporte AG weitertransportiert zu werden.
SchlüsselübergabeGanz nach dem Motto «geteilte Freude ist doppelte Freude», wurde die symbolische Schlüsselübergabe an die beiden Stellenleiter zu einem kleinen Fest. Klaus Kempf dankte allen voran dem VMC Spiringen für das tolle Angebot, in ihrem Gebäude diese Sammelstelle unterbringen zu können. Die Einrichtung wurde von Bund, Kanton, der Korporation Uri, den Gemeinden Bürglen, Spiringen und Unterschächen sowie der Schweizer Berghilfe unterstützt. Jeder Genossenschafter musste sich mit einem Startbeitrag einkaufen.
Während neun Monaten wird die Milchsammelstelle im Holzboden in Betrieb sein. Im Sommer, wenn einige Genossenschafter auf der Alp sind, bleibt der Betrieb eingestellt. Die in dieser Zeit produzierte Milch wird von der Molkerei Planzer in Bürglen angenommen. Angesprochen auf den Milchpreis stellt Klaus Kempf einen Vergleich an: «Im Jahre 1963 hat mein Vater für einen Liter Milch denselben Preis gelöst, wie wir heute - rund 51 Rappen. Seit ich im Nebenerwerb auf dem Bau arbeite, hat sich mein Lohn verdreifacht.»
Jammern will Klaus Kempf aber nicht. Er freut sich am gemeinsamen Werk und weiss: «Jeder Bauer muss für seinen Betrieb eine Mischrechnung machen und selber entscheiden, was sich für ihn lohnt.» Gerade in der Bergregion mit kleinen Strukturen könne aber einer ohne den andern wenig erreichen.
Luzia Schuler-Arnold