Die Verkehrsvereine Realp und Hospental sowie Andermatt Gotthard Tourismus sollen aufgelöst und in eine Tourismus-GmbH umgewandelt werden. Dies ist seit bald einem Jahr bekannt. Die Zusammenführung wird verbunden mit der Einführung eines neuen Abgabesystems. Alle, die vom Tourismus profitieren, sollen auch zahlen: Gastgewerbe, Hotellerie, Parahotellerie, Ferienhausbesitzer, Transportunternehmen und Gewerbe. Auch von der öffentlichen Hand erhoffen sich die Verantwortlichen Beiträge. An der Infoveranstaltung vom 14. Dezember 2009 und an der Orientierungsversammlung vom 26. August hatte sich die Bevölkerung grundsätzlich positiv zum Vorhaben geäussert.
«Vorläufig ablehnen»Am Freitag, 8. Oktober, haben die Einwohnerinnen und Einwohner von Andermatt, Hospental und Realp per Post einen Brief erhalten. Darin wird empfohlen, das Reglement zur Finanzierung der neuen, noch nicht bestehenden GmbH, über das in den drei Gemeinden demnächst abgestimmt wird, «vorläufig abzulehnen». Verfasser des Briefes ist Ernst Schenk aus dem zürcherischen Hinteregg.
Seit 1999 besitzt der pensionierte Architekt ein Ferienhaus in Hospental. «Ich begrüsse die Zusammenlegung der drei Tourismusorganisationen», bekräftigt er gegenüber dem «Urner Wochenblatt». Jedoch kritisiert er die juristische Form der zukünftigen Tourismusorganisation. «Es wird nicht die Form eines Vereins, sondern die einer GmbH vorgeschlagen», schreibt er in seinem Brief.
Vereinsform nicht veraltetAn der Orientierungsversammlung vom 26. August seien zwei Bemerkungen aufgefallen: Die Form des Vereins sei veraltet, umd mit der GmBH erfolge keine «Entdemokratisierung». Ernst Schenk ist damit gar nicht einverstanden. Die Form des Vereins erfreue sich nach wie vor einer grossen Beliebgheit. «Insbesondere dann, wenn nicht nur rein wirtschafltiche, sondern auch kulturelle, soziale, touristische und dem Allgemeinwohl dienende Zwecke verfolgt werden.» Ein Verein verfüge über Mitglieder. Diese hätten ein direktes Wahl- Stimm- und Antragsrecht. Es gebe eine Generalversammlung, an welcher der Vorstand über sein Tun und Lassen Rechenschaft ablege. Zudem werde jährlich über das Budget und die Jahresrechnung abgestimmt. «Die Mitglieder haben ein direktes und demokratisches Mitspracherecht», so Ernst Schenk.
Keine direkte MitbestimmungDie GmbH kenne diese Rechte nicht. Eine GmbH solle rentieren und zu Gunsten der Gesellschafter Profit abwerfen. «Sie hat keine Mitglieder, somit auch kein dazugehörendes Wahl- Stimm- und Antragsrecht. Es werden gemäss Vorschlag lediglich fünf Abgeordnete bestimmt.» Alle anderen, die an die GmbH Beiträge leisten müssten, hätten nichts mehr zu sagen. «Sie haben nur noch zu bezahlen.» Bei Unzufriedenheit könne man höchstens noch die Abgeordneten abwählen. Eine direkte Mitbestimmung gebe es nicht. Wenn die Bevölkerung des Urserentales in diesem Bereich ihr Mitspracherecht nicht verlieren wolle, müsse sie die bewährte Vereinsform beibehalten. Nach habe sie die Möglichkeit, an den Gemeindeversammlungen entsprechend zu stimmen.
1,6 bis 1,9 Millionen FrankenWeiter kritisiert Ernst Schenk, dass an der Gemeindeversammlung vom 28. Oktober in Andermatt und anschliessend in den anderen beiden Urschner Gemeinden über das neue Tourismusreglement abgestimmt wird. «Es stimmt mehr als nur nachdenklich, wenn ein Reglement zur Finanzierung einer Tourismusorganisation genehmigt werden soll, die es noch gar nicht gibt und deren Statuten erst in Erarbeitung sind. Umgekehrt wäre logischer: zuerst die Statuten, dann das Reglement. Dann wüsste man auch, woran man ist und wem man sein Beitragsgeld anvertraut.» Gemäss Schätzung seien dies jährlich immerhin 1,6 bis 1,9 Millionen Franken.
Gemeindepräsident Karl Poletti wollte sich auf Anfrage zum Inhalt des Briefes noch nicht äussern. Der Gemeinderat werde an der angekündigten Medienkonferenz vom 22. Oktober sachlich über das Projekt informieren.
Markus Arnold