An der offenen Dorfgemeinde vom kommenden Donnerstag, 28. Oktober, hat Andermatt als erste der drei Urschner Gemeinden über ein neues Tourismusreglement abzustimmen. Seit Juni 2009 war eine achtköpfige Projektgruppe unter der Leitung des Fachexperten Robert Wildhaber zusammen mit Vertretern der drei Gemeinden und des Tourismus damit beschäftigt, die neuen Strukturen zu erarbeiten, den Puls in der Bevölkerung zu spüren, einen Businessplan zu entwerfen und die Information für die Bevölkerung vorzubereiten. «Wir haben klare Signale erhalten, dass wir auf dem richtigen Weg sind», versicherte Gemeindevizepräsident Roger Nager anlässlich der Medienorientierung von gestern Freitag, 22. Oktober.
Systemwechsel drängt sich aufRobert Wildhaber gab sich überzeugt, dass ein Verein zu wenig aktiv und gezielt auf dem Markt auftreten kann, was heute - mit zunehmend anspruchsvolleren Gästen - dringend gefordert sei. Als Präsidentin des Tourismusvereins Hospental veranschaulichte die Präsidentin und Aktuarin, Carmen Bundi, die heutige Situation. Die Tourismusvereine hätten keine Zukunft und könnten die heutigen Anforderungen weder personell noch finanziell erfüllen.
Ähnlich tönte es gestern Freitag auch von Benno Nager, operativer Leiter von Andermatt-Gotthard-Tourismus: «Bereits bei einem Budget von 1 Million Franken sind wir mit der heutigen Organisation überfordert.» Die Buchhaltung werde in ehrenamtlicher Arbeit geführt, die Suche nach Vorstandsmitgliedern sei zunehmend schwieriger und das Interesse der Vereinsmitglieder wenig spürbar. «Eine Änderung drängt sich auch auf, wenn wir als professionelle Partner auf gleicher Augenhöhe mit der Organisation von Samih Sawiris auftreten wollen», so Benno Nager weiter.
Ziele der NeuorganisationÜbergeordnete Ziele der Reform sind die Verbesserung und Erweiterung der touristischen Infrastruktur und der Dienstleistungen, die Schaffung zusätzlicher Attraktionen und Produkte sowie der Zugewinn neuer Strukturen mit einem schlagkräftigen Marketing. Damit der Ausbau der Anlagen und die Erweiterung der touristischen Angebote sowie ein zeitgemässes Marketing möglich sind, sollen künftig alle Nutzniessenden dafür Beiträge leisten. Im neuen Tourismusreglement ist auch die Finanzierung geregelt.
Eigentümer der Andermatt Gotthard Tourismus GmbH wären die drei Gemeinden Andermatt, Hospental und Realp, die Hotellerie und das Gewerbe im Urserental sowie die Andermatt Swiss Alps AG. Die bestehenden Tourismusvereine werden aufgelöst. Die heutige Kurtaxe, welche die Frequenzen besteuert und aktive Beherberger tendenziell bestraft, wird durch eine Kapazitätsgebühr pro Zimmer beziehungsweise Schlafstätte ersetzt. Die Bettenpauschale in Zweitwohnungen und die Einzeltaxen in gewerblichen Ferienwohnungen werden von einer Jahrespauschale auf Basis der Nettowohnfläche abgelöst. «Damit wird der administrative Vollzugsaufwand reduziert und Umgehungen verhindert», betonte Robert Wildhaber.
Die drei Gemeinden leisten jährlich einen festgelegten Beitrag und die ortsansässigen Gewerbebetriebe sollen neu eine Tourismusabgabe bezahlen, die je nach Tourismusabhängigkeit und Wertschöpfung abgestuft ist. «Wir fördern damit den qualitativen Tourismus und tragen zu längeren und zusätzlichen Aufenthalten der Wohnungsbesitzer bei», versicherte Benno Nager. «Dies wiederum stimuliert das örtliche Gewerbe.»
Unter Vorbehalt der Genehmigung durch die politischen Instanzen habe auch der Kanton bereits einen jährlichen Beitrag bis zu 300 000 Franken in Aussicht gestellt, war an der Medieninformation zu vernehmen.
GmbH - eine passende GesellschaftsformMit der Einbindung der drei Gemeinden, die zusammen die Mehrheit des Stammkapitals der künftigen GmbH besitzen, sind für Robert Wildhaber und die Mitglieder der Arbeitsgruppe die demokratischen Rechte gewahrt: zwar nicht als Einzelperson, aber über die Gewerbevereinigung. Dass die Gemeinde die Tourismusabgaben, die sie einzieht und dann eben auch verwaltet, im Interesse der Gemeinde einsetzt, ist für Robert Wildhaber eine Selbstverständlichkeit. Er verweist auf die erfolgreichen Tourismusregionen Luzern, Engelberg-Titlis, Flims-Laax oder das Prättigau - um nur einige zu nennen -, die ihre Verkehrsvereine alle in Aktiengesellschaften oder GmbHs umgewandelt haben und «nicht zuletzt deshalb auch erfolgreich sind».
Neue GesellschaftsstrukturOb eine Aktiengesellschaft oder eine GmbH gegründet werde, sei eigentlich nicht so entscheidend, meinte Robert Wildhaber auf eine entsprechende Frage. «Die Gründung einer GmbH ist jedoch einfacher und dürfte doch eine höhere Akzeptanz finden als eine Aktiengesellschaft», so der Tourismusexperte. Aus der Botschaft zum Tourismusreglement ist ersichtlich, dass die Andermatt Gotthard Tourismus GmbH mit einem Stammkapital von 50 000 Franken starten will. Dazu tragen die drei Gemeinden mit 15 000 respektive je 10 000 Franken bei. Andermatt Swiss Alps soll 5000 Franken einlegen, vom Gewerbe und den Hoteliers wird eine gemeinsame Einlage von 10 000 Franken erwartet. - Zum Schluss der Medienorientierung gab sich der Gemeindevizepräsident optimistisch: «Wenn wir zu dieser Struktur Ja sagen, werden wir zum Vorbild für die Branche.»
Luzia Schuler-Arnold