Einsatz im Lawinenwinter 1999

Landammann Peter Mattli berichtete am Montag, 7. Februar, dem Landrat über den Lawinenwinter 1999 und vor allem über den «Jahrhundertfebruar», der mit rund 5 Metern Neuschneezuwachs die nördlichen Alpen mit riesigen Schneemassen eindeckte und eine dramatische Lawinensituation ...
08.02.2000
hwor. Die Autobahn A2 und weitere Verkehrsverbindungen waren während rund einer Woche gesperrt. Als Bilanz des dramatischen Winters hielt der Landammann fest, dass Uri diese ausserordentliche Lage «dank ruhiger und überlegter Arbeitsweise» der Führungskräfte «angemessen bewältigt» hat.

Die Ursache der grossen Lawinengefahr, die zwischen dem 9. Februar und dem 6. März 1999 das Urnerland bedrohte, waren eindeutig die immensen Schneefälle, die Ende Januar eingesetzt hatten. Während des Winters 1998/99 fielen in Andermatt beispielsweise über 11 Meter Schnee. Dieser Wert wurde seit Messbeginn nur durch den Winter 1974/75 übertroffen.

Peter Mattli kam zum Schluss: «Für die Lawinentätigkeit waren diese enormen Neuschneemengen von grosser Bedeutung. Der Schneedeckenaufbau spielte in dieser Situation nur eine sekundäre Rolle, da die festgestellten Grosslawinen auch bei einem günstigen Schneedeckenaufbau zu erwarten gewesen wären.» Auf den ganzen Winter hinaus gesehen, dürfe die Wiederkehrdauer eines entsprechenden Winters zwischen 15 und 25 Jahren liegen. «Für einen Jahrhundertfebruar' wie 1999 dürfte die Wiederkehrdauer bei 80 bis 100 Jahren liegen.»

23. Februar als schwärzester Tag
Peter Mattli rapportierte über die Aktivitäten des Kafur, die am Sonntag, 7. Februar, mit periodischen Lagebesprechungen zwischen Stabschef Franz Steinegger und Polizeikommandant Reto Habermacher anliefen. Ab Dienstag, 9. Februar, wurde beim Polizeikommando ein Nachrichtenbüro geführt, und es folgte gleichentags der erste Lagerapport. Am 10. Februar konnte der Kafur nach einer ersten Sperrung der A2 wieder aufgelöst werden. Erneut prekär wurde die Situation dann eine Woche später, als die Nationalstrasse wiederum gesperrt werden musste, diesmal für rund eine Woche. Der Dienstag, 23. Februar, war der schwärzeste Tag des Lawinenwinters. Als auf Golzern die Widdertal- und die Geisstallawine oberhalb der Seilbahn-Bergstation ein Haus wegfegten, kam eine Person ums Leben. Gleichentags mussten in Bristen an bisher sicher geglaubten Standorten Leute evakuiert werden.

Peter Mattli lobte die Arbeit des Führungsstabes: «Der Entscheid, die für eine derartige Lage zuständigen Sektionen des Kafur bereits am ersten eigentlichen Ereignistag vollumfänglich aufzubieten, bildete eine der entscheidensten Grundlagen dafür, dass von Beginn an jedes Problem unverzüglich, koordiniert, gezielt und umfassend angepackt werden konnte.» Der Stabsführung gehörten jeweils neben dem Stabschef und dessen Stellvertreter auch ein bis drei Regierungsratsmitglieder an. Die Führung wurde unterstützt durch den Nachrichtendienst, Fachleute Lawinen und Meteo, zwei Medienbetreuer sowie die Kanzlei. Weiter kamen die Sektionen «Polizei, «Schutz, Rettung, Betreuung», «Technischer Dienst» und «Wirtschaftliche Versorgung, Transporte» zum Einsatz. In der Regel wurden pro Tag zwei Rapporte im Polizeikommando nach einer festen Traktandenliste durchgeführt. Das Nachrichten- und Lagebüro wurde zentral und durchgehend während 24 Stunden unter Führung der Kantonspolizei im Polizeikommando betrieben. Das Nachrichtenbüro war in stetem Kontakt mit den Gemeinden. Es bereitete die Nachrichtenlage auf und sammelte die angemeldeten Bedürfnisse.

Mustergültige Medienarbeit
Die Medien wurden von der Pressestelle der Kantonspolizei betreut. Die Betreuung der ausserordentlich grossen Zahl von Medienleute hat nach allgemeiner Einschätzung mustergültig geklappt. Peter Mattli: «Reaktionen von verschiedenen Seiten haben ebenso wie die Berichterstattung in den Bild- und Printmedien ein umfassendes Bild von der ausgezeichneten Arbeit, die auf allen Stufen geleistet wurde, abgegeben. Dieses Resultat ist insgesamt deshalb bedeutsam, weil es den Kanton auch in einer schwierigen Lage zu Recht von einer positiven Seite präsentierte und die gesamte Einsatzführung von unnötigen zusätzlichen Umtrieben verschonte.»

Zahlreiche Helikoptereinsätze
In der Zeit vom 10. bis 28. Februar standen von der Basis Erstfeld aus Helikopter der Rega, der Heliswiss, der Heli Gotthard sowie der Schweizer Armee zur Verfügung. Die Flugzeit betrug total 8 100 Minuten, während denen 1 050 Personen, 350 Tiere und 18 Tonnen Material transportiert wurden.

Grundsätzlich stellte Peter Mattli fest, dass sich die vorhandenen baulichen Massnahmen absolut bewährt haben und sich nach einer ersten Beurteilung keine dringenden Veränderungen an den bestehenden Schutzbauten aufdrängen. Es werde aber auf Grund der verschiedenen möglichen Gefährdungslagen kaum je eine Anlage geben, die allen möglichen Szenarien im Lauf eines Winters einen 100-prozentigen Schutz bieten könne. Die Grossereignisse hätten keine noch unbekannten Lücken im Schutz der einzelnen Strassenabschnitte aufgezeigt.

Koordination der Aufräumarbeiten
Auf Grund des Schadenausmasses in den einzelnen Gemeinden war abzusehen, dass die Gemeinden nicht in der Lage sein würden, die Schadenbehebung mit eigenen personellen und materiellen Mitteln zu bewerkstelligen. Der Regierungsrat bestimmte das Amt für Zivil- und Feuerschutz als Koordinationsstelle. Es hatte den Auftrag, die Hilfeleistungen der Gemeinden zu koordinieren und entsprechende Vorbereitungen zu treffen. Sämtliche Zivilschutzorganisationen des Kantons Uri wurden für die Aufräumarbeiten eingesetzt. Sie leisteten total 2`859 Manntage. Spontan stellten sich auswärtige Zivilschutzorganisationen zur Verfügung, die total 8`457 Manntage leisteten. Durch das Kommando der Territorialdivision 9 wurden dem Kanton Uri Truppen zugewiesen, die insgesamt 4`512 Manntage leisteten. Weitere Hilfskräfte rekrutierten sich aus Asylbewerbern (1`108 Manntage) und Freiwilligen (4`279 Manntage). Alle eingesetzten Leistungen betrugen total 22`442 Manntage für Aufräumungsarbeiten im Kanton Uri.

Erkenntnisse und Lehren
Aus gesamtheitlicher Sicht ergibt sich für den Stabschef des Kafur das erfreuliche Ergebnis, dass an den bestehenden Strukturen keine grundsätzlichen Veränderungen erforderlich sind. Peter Mattli: «Die Stärken und Schwächen einzelner Segmente sind erkannt und in Überarbeitung bei den jeweils zuständigen Instanzen. Insgesamt wurden die schwierigen Tage im Kanton Uri auf allen Stufen gut bis sehr gut bewältigt.» Der Lawinenwinter 1999 habe einmal mehr und eindrücklich gezeigt, dass im Kanton Uri die Organisationsstrukturen und die vorgesehenen personellen und materiellen Mittel geeignet seien, ausserordentliche Lagen angemessen zu bewältigen. Zu dieser Beurteilung gelangten auch die ausgiebig und umfassend berichtenden Medien, welche die ruhige und überlegte Arbeitsweise des Kantonalen Führungsstabes und der Führungskräfte der Urner Gemeinden hervorhoben und als beispielhaft rühmten. Abschliessend entrichtete Peter Mattli den uneingeschränkten Dank für die grossen Leistungen an alle Beteiligten, die zur Bewältigung der ausserordentlichen Situation etwas beigetragen haben.

Adrian Zurfluh


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