Erneuter Urner Doppelsieg durch Jörg Hafner verhindert

Der am Sonntag, 13. Oktober, zum 58. Mal ausgetragene Altdorfer Waffenlauf ist für die einheimischen Akteure äusserst erfolgreich verlaufen: Ivan Gisler, Altdorf, und Ruedi Walker, Flüelen, die dieses Rennen im letzten Jahr dominiert hatten, mussten nur dem gross auftrumpfenden Seriensieger ...
14.10.2002
Jörg Hafner, Hasle, den Vortritt lassen. Martin Aschwanden, Altdorf, rundete die hervorragende Bilanz mit seinem guten 8. Platz ab. Im Jugendlauf sorgten Jasmin Widmer und Severin Jauch, beide aus Ersfeld, für einheimische Kategoriensiege.

Die Sonderanstrengungen des letztmals von Rolf Müller, Bürglen, geleiteten OK zahlten sich für einmal aus. Der seit einigen Jahren anhaltende Teilnehmerschwund konnte nicht nur gestoppt werden, sondern es waren sogar deutlich mehr Läuferinnen und Läufer am Start als 2001. Rund 550 Athletinnen und Athleten schrieben sich für die 58. Auflage ein, was einer Zunahme um rund 10 Prozent entspricht. Ob es sich dabei um eine Eintagsfliege handelte oder der Schrumpfungsprozess definitiv gestoppt werden konnte, wird sich erst in den nächsten Jahren zeigen. Ab dem nächsten Jahr wird der Altdorfer Renzo Küttel das OK-Präsidium übernehmen.

Wadenkrämpfe bremsten Ivan Gisler

«Bereits kurz nach der Hälfte der Strecke hatte ich mit Krampferscheinungen in den Waden zu kämpfen. Ich befürchtete deshalb, meinen 2. Platz nicht über die Runden bringen zu können. Heute musste ich auf die Zähne beissen, wie wohl noch nie in einem Rennen», so schilderte der zweitplatzierte Altdorfer Ivan Gisler seine Eindrücke auf der 17,5 Kilometer messenden Strecke. Und zu seiner Taktik meinte er: «Ich wollte möglichst lange an den Hacken von Jörg Hafner bleiben. Er legte aber gleich vom Start weg eine enorme Pace vor. Als er dann zwischen dem dritten und vierten Kilometer abermals forcierte, musste ich ihn ziehen lassen. In der Folge konzentrierte ich mich darauf, mein Tempo zu laufen und die nachfolgenden Konkurrenten in Schach zu halten.»
Bis zur Passage des Attinghauser Stutzes nach zirka 7 Kilomtern hatte sich der Blondschopf einen Rückstand von zirka 20 Sekunden auf Jörg Hafner eingehandelt. Bis Seedorf blieb der Abstand ziemlich stabil. Erst auf dem Schlussstück wuchs die Marge zwischen den beiden Spitzenläufern auf rund 1 Minute an. Seine Probleme mit der Wadenmuskulatur führte Ivan Gisler auf die lange Wettkampfpause zurück. Vier Wochen lang hatte er keinen Ernstkampf mehr bestritten. Den geplanten Start beim Halbmarathon im französischen Belfort musste er kurzfristig absagen, weil er die rund fünfstündige Anreise erst am Wettkampftag hätte antreten können. Vom läuferischen Potenzial her sind Ivan Gisler und Jörg Hafner in etwa gleich stark einzuschätzen. Beide haben auf der Bahn praktisch identische Bestzeiten. Den Ausschlag zu Gunsten des gross gewachsenen Entlebuchers gab wohl, dass er sich gewohnt ist, mit der Packung zu laufen, und punkto Waffenläufe über eine viel grössere Routine verfügt. Zudem ist Jörg Hafner als ehemaliger Langläufer deutlich kräftiger gebaut als der Urner, was ihm beim Laufen mit Zusatzgewicht zweifellos zugute kommt.
Nun wird Ivan Gisler, der seit kurzem sein Arbeitspensum als Oberstufenlehrer zu Gunsten des Sportes auf 60 Prozent reduziert hat, zwei Wochen aktive Erholung einschalten, um dann mit vollem Elan die Vorbereitung auf die Crosssaison in Angriff nehmen zu können. Sein Trainingspensum wird er auf zehn Einheiten pro Woche erhöhen.

Nach Marathon-Flop wieder top

Dass sich Jörg Hafner beim «Altdorfer» in derart blendender Verfassung zeigte, versetzte die Experten ganz schön ins Staunen. Der 37-Jährige aus Hasle scheint nämlich eine Art Rekuperationswunder zu sein. Vor zwei Wochen musste er beim City-Marathon in Berlin bei Kilometer 35 wegen Muskelkrämpfen aussteigen. Für einen Spitzenathleten gibt es wohl nichts Schlimmeres, als auf der Marathondistanz kurz vor Schluss zur Aufgabe gezwungen zu werden, denn in der Regel benötigt man nach einer solchen Gewaltsanstrengung eine mehrwöchige Pause. Nicht so Jörg Hafner: Der in dieser Saison bei Waffenläufen noch ungeschlagene und entsprechend in der Schweizermeisterschaftswertung überlegen führende Zollbeamte lief nur acht Tage nach seinem Berliner Flop beim Murtenlauf als drittbester Schweizer den beachtlichen 9. Rang heraus. In Altdorf präsentierte er sich quasi bereits wieder in alter Frische. Für das Tüpfelchen auf das i fehlte nur ein neuer Streckenrekord. Diesen - seit 2000 gehalten vom für einmal durch Abwesenheit glänzenden Berner Martin von Känel - verpasste Jörg Hafner um 59 Sekunden, zurückzuführen wohl auf die für die Jahreszeit ungewöhnlich warmen Temperaturen und die Tatsache, dass er von den Konkurrenten nicht sonderlich gefordert wurde.

Cleverer Lauf von Ruedi Walker

Obwohl Ruedi Walker seinen Vorjahressieg nicht zu wiederholen vermochte, zeigte er sich mit seiner Leistung respektive dem 3. Rang vollauf zufrieden: «Ich hatte absolut keine Probleme. Meinen Rhythmus konnte ich von A bis Z durchlaufen.» Der 39-jährige Flüeler hielt sich bewusst zurück und versuchte gar nicht erst, das Tempo der Spitze mitzugehen. «Mein Ziel bestand darin, meine direkten Konkurrenten um den 2. Platz in der Gesamtwertung der Schweizermeisterschaft in Schach zu halten. Deshalb wollte ich keine Experimente eingehen.» Ruedi Walker bestimmte über weite Strecken die Pace in der ersten Verfolgergruppe, welcher auch Martin Schmid und Peter Deller angehörten. Der Urner liess auf den letzten Kilometern seine beiden Begleiter stehen und lief ungefährdet seinem bereits sechsten Podestplatz im Verlaufe der diesjährigen Meisterschaft entgegen. Sein Rückstand auf Ivan Gisler, den er im letzten Jahr noch knapp bezwungen hatte, betrug im Ziel rund 1 Minute.

Hervorragende Urner Bilanz

Die Bilanz der einheimischen Akteure konnte sich mehr als sehen lassen. Im Sog der beiden Tenöre klassierte sich mit dem achtplatzierten Altdorfer Martin Aschwanden ein weiterer Urner in den Topten. Wenn Ivan Gisler und Martin Aschwanden jeweils nicht nur ihr Heimrennen bestreiten würden, müsste man den Kanton Uri als waffenläuferische Grossmacht bezeichnen. Kein anderer Stand hatte bezüglich Spitzenrangierungen eine derart gute Bilanz vorzuweisen. Bei den Damen hingegen vermochte die einzige Urnerin im 27-köpfigen Feld, die Altdorferin Rita Kenel, als 21. keine grossen Stricke zu zerreissen. Es siegte einmal mehr die bereits 42-jährige Davoserin Marianne Balmer.
Im von rund drei Dutzend Athletinnen und Athleten bestrittenen Jugendlauf über 6,1 Kilometer realisierte Andreas Kern, Bissegg, überlegen Tagesbestzeit, vor dem Seedorfer Beat Kempf und Patrick Widmer, Oberwangen. Bei den Schülerinnen setzte sich die Erstfelderin Jasmin Widmer vor den beiden Attinghauserinnen Denise Wyrsch und Monika Arnold durch. Das Feld der Schüler wurde vom Erstfelder Severin Jauch gemeistert.

Urs Hanhart


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