Exotische Pflanzen wuchern im unteren Reusstal

Sie durchbrechen Asphalt und schaden der Gesundheit: Eingeführte Pflanzen verbreiten sich unkontrolliert im Urner Reusstal. Mit vereinten Kräften kämpft der Kanton jetzt dagegen an.
10.08.2010
Im Garten sind sie eine wahre Pracht: Goldrute oder Sommerflieder blühen in kräftigem Gelb und Violett. Doch die schönen Blumen wachsen auch am Flussufer, sie bewachsen Deponien und Kiesgruben. Sie sind überall. Und sie lassen keiner anderen Pflanze mehr einen Lebensraum. Eine wahre Pflanzeninvasion. Zwar wachsen sie bei uns bereits seit mehreren Hundert Jahren. Doch diese Arten sind hier nicht heimisch - um das Jahr 1500 wurden viele Pflanzen aus Asien oder Amerika nach Europa eingeführt. Die meisten eingeschleppten Arten sind zwar harmlos, doch einige vermehren sich unkontrolliert. Dieser Entwicklung tritt nun der Kanton Uri entgegen. Eine Arbeitsgruppe vom Amt für Umweltschutz entwickelt derzeit einen Massnahmenplan. «Schon länger wurden von verschiedenen Seiten Anstrengungen gegen die invasiven Problempflanzen unternommen», erklärte Regierungsrat Stefan Fryberg anlässlich einer Medienorientierung am Montag, 9. August. Bis anhin sei die Bekämpfung jedoch nicht koordiniert worden. «Unser Ziel ist es, gemeinsam gegen diese Problempflanzen vorzugehen, und zwar anhand eines breit abgestützten Massnahmenplans», so Stefan Fryberg.

Allergien und Verätzungen

Warum greift der Kanton gegen die eingeschleppten Pflanzen durch? Braucht es das überhaupt? Schliesslich verwandeln die Sträucher und Blumen trostlos graue Kiesdeponien innert kürzester Zeit in eine schön begrünte Hügellandschaft. «Ja», sagt Alexander Imhof, Abteilungsleiter Immissionsschutz vom Amt für Umweltschutz. «Es muss unbedingt etwas unternommen werden.» Nicht nur, dass sich Pflanzen wie der Japanische Knöterich oder das Drüsige Springkraut innert kürzester Zeit ausbreiten und einheimische Arten verdrängen. «Der Staudenknöterich beispielsweise ist so aggressiv, dass er Asphalt oder Mauern einfach durchbricht», so Alexander Imhof. Die Pflanzenart aus Ostasien kann grosse Schäden an Mauern oder Uferschutzbauten anrichten. Für Alexander Imhof ist eines aber noch viel schlimmer: «Die Ambrosia und der Riesenbärenklau sind gesundheitsgefährdend.» Die Ambrosia ist aus Nordamerika eingeschleppt worden und kann Asthma und Allergien auslösen. «In Uri ist diese Art noch nicht sehr verbreitet, doch wir beobachten deren Entwicklung», erklärte Alexander Imhof. Riesenbärenklau ist noch aggressiver: Bei der kleinsten Berührung löst der Saft der bis zu 4 Meter hohen Pflanze Verätzungen oder Blasen auf der Haut aus, die Narben hinterlassen können. Diese und andere Pflanzen sind in der Schweiz verboten. Sie dürfen weder eingeführt noch gekauft, transportiert, angepflanzt oder vermehrt werden. Für Ambrosia besteht sogar eine Meldepflicht.

Ausrottung ist meistens nicht mehr möglich

Betroffen von der Pflanzeninvasion ist vor allem das untere Reusstal. Entlang der Reuss oder des Schächens sowie in den Deponien, Wäldern und Naturschutzgebieten ist die Wucherung massiv. Auch auf den Deponien oder in Baugruben spriessen die exotischen Pflanzen unaufhaltsam. Zur Bekämpfung der sogenannten Neophyten ist insbesondere die Bevölkerung gefragt (siehe Box). Zur grossflächigen Bekämpfung, Regulierung und Prävention der Problempflanzen entwickelt die Arbeitsgruppe derzeit eine Strategie. Der Massnahmenplan muss bis Ende Jahr vorgelegt werden. Doch trotz aller Anstrengungen ist klar: «Eine Ausrottung der problematischen Arten wird in den meisten Fällen nicht mehr möglich sein», erklärte Beat Zgraggen, Umweltfachmann vom Amt für Tiefbau. Die grosse Mobilität und der Klimawandel beschleunigen die Ausbreitung von exotischen Pflanzen zusätzlich. So könne beispielsweise Sommerflieder nur noch lokal eingedämmt werden. Andere Arten wie der Riesenbärenklau oder die Ambrosia müssen hingegen vollständig bekämpft werden, betont Beat Zgraggen. «Es ist wichtig, jetzt zu handeln. Denn heute ist eine Bekämpfung noch möglich.»

Martina Regli


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