er. Zeitweise waren die Kantonsstrasse, die Nationalstrasse und die Zuglinie durch den Kanton Uri unterbrochen. Erdrutsche zerstörten Häuser, Autos und Strassen. Rund 100 Personen wurden evakuiert. Einige Tiere fielen den Schlammmassen zum Opfer.
Am Freitagvormittag ging es los. Als Folge der andauernden Niederschläge verschüttete um 9.30 Uhr eine Rüfe von 5 Metern Länge und 1 Meter Höhe die Kantonsstrasse zwischen Intschi und Gurtnellen («Urner Wochenblatt» vom 3. Mai). Eine Autolenkerin wurde vom Erdrutsch eingeschlossen, sie konnte sich aber unverletzt befreien.
Gurtnellen stark betroffenAm Nachmittag rutschte im Bereich Sunnigwiler (Hang westlich des Bahnhofes Gurtnellen) hinter dem Schutzdamm erneut ein Hang ab. Dabei wurden ein parkierter Personenwagen und ein Strommast beschädigt. Die Stromzufuhr zum Dorfteil Wiler war dadurch unterbrochen. Im Bereich Sunnigwiler mussten 30 Personen evakuiert werden, teilt der Gemeindeführungsstab mit. - Am Samstagvormittag hatte sich durch den in der Nacht eingesetzten Schneefall und den zurückgehenden Niederschlag die Situation in Gurtnellen etwas entschärft. Ein Kontrollflug ergab, dass der Schutzdamm am südlichen Ausläufer teilweise weggerissen worden war. Um 16.00 Uhr konnte die Kantonsstrasse nach Amsteg wieder geöffnet werden. - Am Montag begannen die eigentlichen Aufräum- und Sanierungsarbeiten, und mehrere Gespräche mit kantonalen und eidgenössischen Fachstellen fanden statt. Kontrollflüge hatten ergeben, dass im Schadengebiet Sunnigwiler das abgerutschte Gesteinsmaterial vollumfänglich zu Tale gestürzt war und mit keinen weiteren Felsabbrüchen gerechnet werden musste. Am Montagabend hatte der Gemeindeführungsstab seine Aufgaben abgeschlossen und dem Gemeinderat zur weiteren Bearbeitung übergeben.
Ein Kind in Schattdorf leicht verletztIn Schattdorf trat am Freitag der Leitgässlibach über die Ufer. Er setzte die Turnhalle, das Schulhausareal und das Schwimmbad unter Wasser. Der Schulbetrieb wurde eingestellt und die Schulkinder evakuiert. Dabei erlitt ein Kind eine leichte Hirnerschütterung. Das Schwimmbad Gräwimatt bleibt voraussichtlich bis zu den Sommerferien geschlossen. - Eine Rüfe verschüttete im Gebiet Lehntal die Haldistrasse. Im Gebiet Rissliweg und Wickerig wurden am Nachmittag neun Haushaltungen evakuiert.
Auch Flüelen wurde bereits am frühen Nachmittag vom Unwetter heimgesucht. An der Kirchgasse wurden zwölf Personen evakuiert. Oberhalb drohte ein Hang ins Rutschen zu geraten. Am späteren Nachmittag standen Teile des Dorfkerns und die Personenunterführung beim Bahnhof unter Wasser, und mehrere Strassen mussten gesperrt werden. Die eigentlichen fünf Schadensplätze waren die Umgebungen Matte, Zeissig, Volg, Halde und Bachtalen.
In Erstfeld Haus und zwei Ställe zerstörtVom Unwetter besonders stark betroffen war die Gemeinde Erstfeld, in der auch einige Personen evakuiert werden mussten. Der Gemeindeführungsstab teilte mit, dass grosse Schäden an Gebäuden, Fluren und Infrastrukturen entstanden seien, wobei die Feuerwehr, der Zivilschutz und der Gemeindeführungsstab die Lage jederzeit im Griff hatten. Grosse Schäden gab es vor allem im westlichen Dorfteil vom Hinterwiler bis Ripshausen; mehrere Strassen mussten gesperrt werden. Der neu erstellte Sammler im Bereich Waldbauprojekt Ledi- Wald habe grösseres Unheil im Gebiet Leitschach verhindert, heisst es weiter. Im Erstfeldertal riss der Alpbach an mehreren Orten ganze Uferpartien weg. Auf Ämmetten wurde ein Stall mit zehn Schafen und drei Ziegen zirka 40 Meter in die Tiefe gerissen. Der Stall wurde vollständig zerstört, und die Tiere hatten keine Überlebenschance.
Am Freitag, um 20.40 Uhr wurde die Liegenschaft Hofstetten durch einen 20 Meter breiten Hangrutsch total verwüstet. Die Anwohner mussten samt Nutztieren die Liegenschaft fluchtartig verlassen. Menschen wurden nicht verletzt, jedoch ist der Verlust von zwei Ziegenböcken zu verzeichnen. Mit dem Sinken der Schneefallgrenze zeichnete sich auch hier eine Entspannung ab.
Ein halbes Haus in Bristen weggerissenErdrutsche haben auch in Bristen und Golzern grosse Schäden angerichtet. Viel Kulturland wurde zerstört. Auf dem Frentschenberg wurde in der Nacht auf Samstag durch eine Ribi ein halbes Wohnhaus weggerissen. Die Familie konnte gerettet werden. Insgesamt sind in Bristen 40 Personen evakuiert worden. Am Samstagmorgen konnte die Strasse von Amsteg nach Bristen wieder geöffnet werden.
Kantonsstrasse, Autobahn und Bahnlinie gesperrtDas Aufgebot an Feuerwehrkräften war während des Unwetters gross. Zu Einsätzen kam es in Sisikon, Flüelen, Altdorf, Bürglen, Schattdorf, Attinghausen, Isenthal, Erstfeld, Silenen, Amsteg, Bristen, Gurtnellen und Wassen. Mehrere Kantons- und Gemeindestrassen wurden gesperrt. Am frühen Abend des Freitags ging im Bereich Teiftal eine Rüfe nieder, was zur Folge hatte, dass die Autobahn zwischen Amsteg und Wassen in beiden Richtungen gesperrt wurde. Als um 22.10 Uhr ein Güterzug zwischen Wassen und Göschenen in eine Rüfe aufgefahren und die Lok aus den Schienen gesprungen war - es gab dabei keine Verletzten - lief auf der Nord-Süd-Achse gar nichts mehr. Bereits ab 16.45 Uhr galt für den Schwerverkehr die Phase Rot, und der Dosierungsraum zwischen Erstfeld und Amsteg muss-
te aus Sicherheitsgründen entleert werden. Die Fahrzeuge wurden zurückgeschickt.
Am Samstagmorgen konnten die SBB die Bahnlinie wieder einspurig befahren, und um 10.00 Uhr war die Autobahn wieder geöffnet. Die Kantonsstrasse war ab 16.00 Uhr wieder durchgehend befahrbar.
«Wenn es nicht geschneit hätte ...»Baudirektor Oskar Epp war während des Unwetters und bei den Aufräum-arbeiten nicht in offizieller Mission unterwegs. Der Kantonale Führungsstab Uri (Kfur) brauchte nämlich nicht aufgeboten zu werden. Am Samstag besichtigte Oskar Epp während des ganzen Tages zusammen mit Polizeikommandant Reto Habermacher und Kantonsingenieur Peter Püntener die Schadenorte des Kantons. «Ich bezeichne die Situation am vergangenen Wochenende als normale bis angespannte Lage. Die Verwaltungseinheiten waren selber in der Lage, die notwendigen Massnahmen zu treffen. Der Kfur brauchte also nicht einberufen zu werden. Als Baudirektor hat es mich natürlich interessiert, wo es welche Schäden gab und wie die Arbeiten vor sich gingen. Ich habe festgestellt, dass ausserordentlich gut gearbeitet wurde. Es lief professionell ab. Auf unserer Tour haben wir auch entsprechende Komplimente abgegeben.» Bezüglich Schadenhöhe und deren Deckung gibt sich der Urner Baudirektor zurückhaltend. Es sei noch zu früh, genauere Angaben machen zu können. - Oskar Epp war beim Unwetter im Jahr 1987 Chef des Gemeindeführungsstabes Erstfeld. Ein Vergleich zu damals zwingt sich auf: «Im Moment liegen mir keine wissenschaftlichen Daten bezüglich Niederschlagsmengen vor. Ich meine aber, wenn die Schneefallgrenze über 3 000 Meter gewesen wäre, hätten wir höchstwahrscheinlich absolut katastrophale Verhältnisse gehabt.»
Gotthardpass bleibt geschlossenIn den höheren Lagen ist in den letzten Tagen sehr viel Neuschnee gefallen. Auf dem Gotthardpass sind es etwa 1,5 Meter. Auf dem 2 600 Meter über Meer gelegenen Cavannapass wurden gar fast 1,7 Meter gemessen. Der Gotthardpass kann deshalb noch nicht wie geplant heute Mittwoch, 8. Mai, geöffnet werden. Gemäss Oskar Epp wird dies frühestens an Pfingsten der Fall sein. Die Lawinengefahr ist erhöht, und die Wetterprognosen für die kommenden Tage sind schlecht.
Markus Arnold