Grosser Erfolg für Altdorfer Erstaufführung

Louis Naef, der Regisseur der diesjährigen Tellspiele, hat Altdorf mit einer sehr wertvollen Rahmenveranstaltung im Tell-Sommer 2004 beschenkt. Die Uraufführung von «Jery und Bätely» im «Schlüssel»-Saal in Altdorf vom Sonntag, 1. August, wurde zum grossen Erfolg. Das Stück überzeugte nicht ...
03.08.2004
nur durch die Leistung der Schauspieler, sondern auch durch die Inszenierung allgemein.

Bätely (Franziska Dahinden) und Jery (Simon Jäger) in typischer Szenerie.
(Foto: Christof Hirtler)

Wenn Goethe, der das Stück 1779 auf einer Schweizer Reise geschrieben hatte, an der Erstaufführung in Altdorf 2004 dabei gewesen wäre, hätte er wahrscheinlich seine helle Freude daran gehabt. Irgendwie gelang es Louis Naef, die damaligen Eindrücke Goethes wirksam in Szene zu setzen. Gleichzeitig wurde aber die Gegenwart ins Geschehen einbezogen, indem das Fenster auf der Bühne mit den im Hintergrund wogenden Bäumen des «Schlüssel»- Hinterhofes einen Teil der künstlichen Landschaft bildete. Der Soldat Thomas (Gerhard Unternährer) konnte also seine Texte an die anonyme Bevölkerung von damals direkt den Altdorfer Spaziergängern zurufen. Auch im Saal mischte er sich unter die Zuschauenden und schaffte damit eine ungeahnte Nähe zum Geschehen auf der Bühne. Das von Bernadette Meier gestaltete Bühnenbild war einfach, aber zweckdienlich und mit den überdimensionalen Blumen auch wirksam. Wäre nicht die uns Berglern etwas fremde hochdeutsche Sprache gewesen, hätte «Jery und Bätely» ein perfektes Volkstheaterstück sein können, wie wir es jährlich zu sehen bekommen, mit der Ausnahme, dass grosse Teile davon gesungen wurden.

«Ein Ehemann sollte nicht mit der Tür ins Haus fallen»

«Ein Ehemann sollte nicht mit der Tür ins Haus fallen» - diese Aussage im Stück dürfte auch für heute gelten. Das Bergbauernmädchen Bätely (Franziska Dahinden) reagierte darauf besonders empfindlich und stellte alle stürmischen Liebhaber vor die Tür. Wie sie es machte, war grosse Klasse. Augenrollend und bestimmt gab sie ihnen den Tarif durch. Dazwischen sang sie die anspruchsvollen Lieder mit einer Leichtigkeit, wie das nur sehr gut geschulte Stimmen im Stande sind. Franziska Dahinden ist eine begnadete Sopranistin, die den Altdorferinnen und Altdorfern bald abspenstig gemacht werden dürfte. Mit List konnten auch Jery und Thomas das widerspenstige Mädchen doch noch für die Liebe gewinnen, wobei der etwas welterfahrenere Soldat Thomas dem Bauernsohn Jery überlegen war und dies finanziell ausnützte. Auch diese beiden Kontrahenten (Gerhard Unternährer, Bariton) und (Simon Jäger, Tenor) sangen ihre Lieder mit Bravour. Selbst eine kleine Schwingszene wurde eingebaut, die den ländlichen Charakter des Stückes symbolisierte. Der naive Trick mit Jery als Retter in der Not funktionierte auf jeden Fall. Jery fand schliesslich zu Bätely, und der Vater (Robert Fäh, Bass) war seine grosse Sorge los, ewig eine ledige Jungfer bei sich zu haben. Auch er überzeugte die Premierenbesucherinnen und -besucher mit einer grossen Leistung als Schauspieler und Sänger.

Kleines Singspiel mit kleinem Orchester

Der von Johann Friedrich Reichardt zu einem Singspiel vertonte Text von Goethe war nicht für ganz grosse Bühnen gedacht. Das Gleiche galt auch für die Erstaufführung in Altdorf. Der «Schlüssel»-Saal bot ideale Voraussetzungen, und das kleine Orchester mit Markus Amgwerd (Klarinette), Guido Bissig (Akkordeon), Michael Dahinden (Klavier) und Peter Gisler (Kontrabass) passte ausgezeichnet zu den Szenen auf der Bühne. Ihre Einsätze kamen absolut präzise, übertönten nie die Gesänge, und sie begeisterten das Publikum bei ihren Soloeinlagen. Damit wurde das kleine Singspiel mit dem kleinen Orchester zum grossen Event am Nationalfeiertag in Altdorf. Zu hoffen wäre, dass viele Altdorfer und Altdorferinnen die Gelegenheit benützen würden, diese einmalige Rahmenveranstaltung zum Tellspiel 2004 zu besuchen.

Robi Kuster


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