Hochwasserschutz: Einsprachen sollen zurückgezogen werden

Nach der Auflage der Sofortmassnahmen zum Hochwasserschutz Urner Talboden sind aus Attinghausen viele Einsprachen eingegangen. Gemeinderat und Bevölkerung befürchten, dass sich die geplanten Massnahmen für ihr Dorf negativ auswirken. Am Mittwoch, 12. April, wurde die Attinghauser ...
13.04.2006
g über die kurz- und langfristigen Pläne und deren Zielsetzungen umfassend informiert. Ein Verzicht auf die umstrittensten Massnahmen wurde als Kompromiss angeboten.

Im Ziel waren sich am Mittwochabend, 12. April, in der Aula Attinghausen alle einig: Man will möglichst schnell einen möglichst guten Schutz für den gesamten Urner Talboden. Für Baudirektor Markus Züst drängt die Zeit: «Wir müssen weiterarbeiten können. Das liegt im Interesse des ganzen Kantons, und wir haben es den Verantwortlichen des Industriegebietes zugesichert. Was im letzten Sommer passiert ist, darf so nicht wieder passieren.» Ruhig und interessiert folgten die rund 150 Bürgerinnen und Bürger von Attinghausen den klärenden Ausführungen von Urs Müller, externer Projektleiter, Ingenieurgemeinschaft IG 3wasser, und Peter Gisler, Projektleiter-Stellvertreter, Amt für Tiefbau, zu den einzelnen Projektphasen und zu den geplanten Massnahmen. In Attinghausen fürchtet man sich vor einem nächsten Hochwasser. Die Massnahmen im Auflageprojekt würden den dringend nötigen Schutz aber in keiner Art und Weise gewähren. Gemeindepräsident Reto Gisler brachte die Stimmung in Attinghausen auf den Punkt: «Mit diesen Aussichten können wir nicht in die Zukunft gehen.» Unterschiedliche Auffassungen zeigten sich in der Fragerunde. Die Wirkung und damit die Dringlichkeit der einen oder anderen Massnahme entwickelte sich zur «Glaubensfrage», allen voran die Schutzwirkung einer Dammerhöhung oder das Erstellen eines Dammes entlang der Attinghauserstrasse.

Weiterhin im Kontakt mit Gemeindebehörden und Bevölkerung

Wichtig war für Markus Züst, nochmals den gesamten Projektablauf darzustellen. Nach den Not- und Sofortmassnahmen, die zwei Monate nach dem Unwetter abgeschlossen waren, gehe es jetzt um «vorgezogene Massnahmen», die das «generelle Projekt» weder behindern noch gewisse Dinge präjudizieren sollen. Andererseits aber müsse vor der «nächsten Hochwassersaison» der bestmögliche Schutz garantiert sein. «Die Sache ist sehr komplex, die in Auftrag gegebenen Modellversuche der ETH werden uns ganz wichtige Entscheidungsgrundlagen bieten.» Basierend auf den Erkenntnissen aus den Modellversuchen würden nächste Schritte folgen. In den nächsten Wochen und Monaten werden die Projektvorschläge im Regierungsrat beraten. Selbstverständlich werde man bei den Vorbereitungen der Planauflage des «generellen Projekts» wiederum mit den Gemeindebehörden und der Bevölkerung in Kontakt treten, versicherte Markus Züst.

Angebot zum Kompromiss

Um möglichst keine Zeit zu verlieren, kam der Baudirektor mit einem Kompromissvorschlag nach Attinghausen. In aller Offenheit gestand er ein, dass man «über die Einsprachen überrascht sei». Er bat inständig, die Einsprachen so schnell als möglich zurückzuziehen, wenn die Bauherrschaft zusichere, dass einzelne Massnahmen - auf die sich die Einsprachen bezogen - zurückgestellt und weiter überprüft würden.
Die Frage- und Diskussionsrunde zeigte ein klares Stimmungsbild: In Attinghausen gibt es Verunsicherte, Fragende, Zustimmende, Zweifler und Besserwisser - allen gemeinsam ist die Furcht vor einem nächsten Hochwasser. Gemeinderat Lukas Wyrsch bestätigte, dass er nach der Beantwortung seiner Fragen zu den Massnahmen beim «SBB-Raum/Schächenmündung» derzeit hinter den geplanten «vorgezogenen Massnahmen» stehe und dem Kompromissvorschlag zustimmen könne. Markus Züst setzte auf gegenseitiges Vertrauen, und fast schien es, als könnte er sein Ziel bereits vor Ort erreichen. Doch Toni Brücker genügten die mündlichen Versprechen nicht: «In den letzten Jahren ist das Vertrauen der Attinghauser von der Baudirektion mehrmals missbraucht worden. Ich erwarte, dass alle Einsprechenden einen aktualisierten Plan mit den reduzierten Massnahmen und eine schriftliche Zusicherung erhalten. Erst dann ziehen wir unsere Einsprachen zurück.» - Am Schluss des informativen Abends mit sehr sachlichen Voten aus der Bevölkerung wurden die gegenseitigen Erwartungen unmissverständlich festgehalten: Die Baudirektion bedient alle Einsprechenden sofort mit einem überarbeiteten Plan und einer schriftlichen Zusicherung zur Reduktion der Massnahmen - die Betroffenen ihrerseits ziehen wenn immer möglich ihre Einsprache möglichst umgehend zurück.

Der Kompromiss

Als vorgezogene Massnahmen waren im Auflageprojekt «Raum Schächenmündung» des Kantons fünf Massnahmen enthalten. Davon sollen nun zwei sofort ausgeführt werden: die Erhöhung des linksufrigen Damms entlang des Schächens sowie die Überdeckung der Stillen Reuss. - Zurückgestellt werden die Absenkung des rechtsufrigen Schächendamms, die Erstellung eines Damms entlang der Attinghauserstrasse bis zur Einmündung der Stillen Reuss und das Entfernen der Mündungsbrücke. - Baudirektor Markus Züst kommentierte seinen Kompromissvorschlag: «Das ist verantwortbar, und wir könnten weiterarbeiten.» Eine Neuauflage des abgespeckten Projekts sei nicht nötig, da sich die Ausgangslage gegenüber dem heutigen Zustand für niemanden wesentlich verändere.

Ein Gesamtprojekt

Nachdem die ersten Not- und Sofortmassnahmen abgeschlossen sind, geht es zurzeit ums Ausführen von vorgezogenen Massnahmen, die in allernächster Zukunft den bestmöglichen Schutz bieten sollen. Das Gesamtprojekt «Hochwasserschutz Urner Talboden» umfasst Massnahmen am Schächenbach von der Stiglisbrücke bis zur Reusseinmündung, an der Reuss nördlich von Erstfeld sowie an der Stillen Reuss. - Die damit verbundenen Ziele sind: Sicherung des Geschieberückhalts im Oberlauf des Schächens, Verhinderung der Sohlen- und Seitenerosion sowie erweiterter lokaler Geschieberückhalt.

Luzia Schuler-Arnold


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