Sie kommen gerade zurück aus dem Urlaub aus Dubai. Wie verbringt Carlo Schenker seine Ferien? Carlo Schenker: «Eine Ausgabe der Fernsehsendung Schlag auf Schlager drehten wir in Dubai. Dort hatte es mir wahnsinnig gut gefallen. Seither mache ich jedes Jahr Ferien in Dubai. Es gibt Strand, Wüste, Stadt, man kann shoppen, und die Menschen sind wirklich gastfreundlich.»
Nun arbeiten Sie wieder und kommen am 20. September nach Altdorf, wo Sie ein grosses Konzert geben. Das wievielte ist es im Kanton Uri?Carlo Schenker: «Es waren noch nicht viele. Schon gar nicht in der Art eines Solokonzertes. Ich freue mich riesig, in diesem schönen Theater aufzutreten. Schlagersänger singen oft in Diskotheken, Einkaufszentren oder Festzelten.»
Sind Sie nervös?Carlo Schenker: «Ja. Es ist schon etwas anderes, dort aufzutreten, wo man herkommt, als beispielsweise irgendwo in Deutschland. Ich bin sehr gespannt, was mich im Theater(uri) erwarten wird.»
Auch das Publikum dürfte gespannt sein. Worauf kann es sich freuen?Carlo Schenker: «Soeben ist meine neue CD Fliegen ohne Flügel erschienen. Das Konzert ist gleichzeitig eine CD-Präsentation. Ich werde neue und ältere Lieder vortragen - auch solche von anderen Interpreten.»
Warum machen Sie die CD-Präsentation in Uri und nicht in Deutschland, wo der Markt viel grösser ist?Carlo Schenker: «Da der Konzerttermin so kurz nach der CD-Veröffentlichung ist, hat es sich so ergeben. Auch in Deutschland läuft die Vermarktung. Ich habe viele Auftritte, auch im Radio und Fernsehen. Zum Beispiel werde ich am 15. September um 20.15 Uhr live in der grossen Samstagabendshow Herbstfest der Volksmusik auftreten.»
Sie sind viel unterwegs, wohnen im Kanton Luzern und haben in Baar ein Möbelgeschäft. Welche Bedeutung hat für Sie der Kanton Uri? Carlo Schenker: «Eine grosse. Ich komme so oft es geht in den Kanton Uri und fühle mich nach wie vor als Urner.»
«Fliegen ohne Flügel» ist bereits ihr 19. Album in gut 20 Jahren. Was ist speziell an Ihrer neuen CD?Carlo Schenker: «Früher war es so, dass ich eine CD im Auftrag der Plattenfirma aufgenommen habe. Seit ein paar Jahren ist dies anders. Zusammen mit dem Arrangeur produziere ich das Album auf eigene Kosten und gehe mit dem fertigen Produkt zur Plattenfirma. So habe ich alle Lieder selber komponiert und getextet. Die CD ist 100 Prozent Leonard.»
Haben Sie ein Lieblingsstück?Carlo Schenker: «Nein. Je nach Stimmung gefällt mir dieses oder jenes Lied besser. Ich möchte, dass alle Lieder auf einer CD gut sind. Ich finde es schlecht, wenn man zwei, drei gute Singles produziert und den Rest der CD mit Füllmaterial ergänzt.»
Welche Bedeutung hat Arrangeur Martin Kohler für Ihre Musik?Carlo Schenker: «Eine sehr grosse. Er ist mein verlängerter Arm. Ich komponiere die Stücke mit dem Keyboard und übergebe Martin Kohler die Klimper-Demos. Er macht daraus die fertigen Werke. Es ist unglaublich. Er fühlt genau, wie ich ein Stück haben will.»
Gehen bei so vielen Liedern nicht die Themen aus?Carlo Schenker: «Im Leben setzen wir uns zu 80 Prozent mit Banalitäten auseinander. Und da Schlager nahe am Leben ist, gibt das viel Stoff. Ein grosses Thema ist die Liebe. Es gibt viele Facetten der Liebe, die man auf verschiedene Arten besingen kann. Ich habe auch ironische Lieder. Auf der neuen CD zum Beispiel Mann ohne Bauch oder Chefsache.»
Was ist für Sie ein guter Schlagertext?Carlo Schenker: «Ein guter Schlagertext hat etwas Poetisches. Eine Aussage wird nicht plump auf den Punkt gebracht, sondern lässt Raum für die Fantasie. Volkstümliche Schlager sind häufig leider sehr plump - nach dem Motto Reim dich, oder ich erschlag dich. Und sogenannte Mallorca-Ballermann-Schlager gehen unter die Gürtellinie. Den guten Schlager, wie ich ihn liebe, gibt es leider nicht mehr so häufig.»
Der Schlager hat ein Image-Problem.Carlo Schenker: «Für mich ist Schlager nicht viel anderes als Popmusik auf deutsch. Leider halten die Medien den deutschen Pop und den deutschen Schlager weit auseinander. Doch wenn ich aktuelle deutsche Popmusik höre, stelle ich fest, dass der Unterschied gar nicht so gross ist. Vor allem Radio- und Fernsehmacher haben ein Schubladendenken: Das ist Popmusik, das dürfen wir spielen; das ist Schlager, da könnte man beim Hören einen Ausschlag bekommen.»
Warum wechseln Sie dann nicht in den Popbereich, wenn der Unterschied so klein ist?Carlo Schenker: «Erstens kann man das nicht einfach, zweitens will ich das nicht. Ich gehöre nicht zu denjenigen, die sich schämen, sich Schlagersänger zu bezeichnen. Schlager beinhaltet alles: House, Country, Walzer, Modernes, Altes. Man hat im Schlager alle Freiheiten.»
Mögen Sie auch noch andere Musik als Schlager?Carlo Schenker: «Natürlich, mir gefällt auch Popmusik wie beispielsweise von Elton John. Musik muss für mich melodisch sein. Nicht so viel anfangen kann ich mit Opern. Sie sind mir zu weit weg vom Menschen. Von der Melodie kann ich solche Musik zwar schön finden, doch sie berührt mich emotional wenig.»
Die Öffentlichkeit nimmt auch an Ihrem Privatleben teil. Hatte Ihr Coming-out einen Einfluss auf Ihre Karriere? Immerhin setzen Sie jeweils rund 15 000 Stück pro CD ab.Carlo Schenker: «Es gab keinen Einbruch im CD-Verkauf. Ich hatte auch nie negative Reaktionen. Sicherlich wird geredet und getratscht, aber das tut man auch bei anderen Leuten, das gehört zum Leben. Ich gehe sehr offen mit dieser Thematik um.»
Wie erleben Sie die Popularität? Carlo Schenker: «Man muss wirklich lernen, mit der Popularität umzugehen. Wenn ich mir Madonna oder Michael Jackson vorstelle: Das ist grauenhaft. Wer nicht mehr sich selber sein kann, hat das Wertvollste verloren, das er im Leben besitzt. Wenn ich unterwegs bin, erkennen mich sehr viele Leute. Mir ist lieber, wenn man mich anspricht, statt miteinander zu tuscheln. Sollte es mir einmal zu bunt werden, kann ich ins Tessin gehen oder nach Frankreich. Dort kennt mich kein Mensch.»
Heute sind Casting-Shows populär. Was halten Sie davon?Carlo Schenker: «Ich finde sie grundsätzlich keine schlechte Sache. Wenn es solche Wettbewerbe früher gegeben hätte, hätte ich sicherlich mitgemacht. Gefährlich finde ich, dass den Kandidaten ein Showbusiness vorgegaukelt wird, das nicht existiert. Von einem Tag auf den andern wird man von Tausenden von Leuten bejubelt, Teenies kreischen, wollen Autogramme, und man wird in der Stretchlimousine herumgeführt. Das hat nichts mit Realität zu tun. Der Weg ist wenn schon umgekehrt.»
Wie geht es mit Ihrer Karriere weiter? Haben Sie Pläne oder Träume?Carlo Schenker: «Es ist schon mein Traum, dass eine meiner CDs einmal ein richtiger Renner wird. Nicht wegen des Finanziellen. Aber ich lege viel Herzblut in eine CD, gebe so viel Persönliches. Da möchte man schon, dass man möglichst viele Leute erreicht, die daran Freude haben.»
Sie betreiben in Baar ein Möbelgeschäft. Verdient man als Schlagerstar zu wenig, um leben zu können?Carlo Schenker: «Ich habe immer neben der Gesangskarriere auch einen normalen Beruf ausgeübt. Ich lebe zwar vom Singen, aber ich muss einen festen Rhythmus im Leben haben. Ich kann mir nicht vorstellen, jeden Tag unterwegs zu sein. Ich will auch mal zu Hause sein.»
Zum Schluss noch eine Frage: Wie kamen Sie überhaupt zum Namen Leonard? Carlo Schenker: «Als ich mit etwa 19 Jahren anfing zu singen, gab ich mir einen Künstlernamen. In der Schlagerszene war das üblich. Den Namen Leonard fand ich schön. Er tönt gediegen und hat etwas Klassisches: Leonard Bernstein, Leonard Cohen, Leonardo Da Vinci. Zu Beginn nannte ich mich Leonard Schenker. Als ich nach Deutschland kam, fand man, dass der Name passt, liess aber den Schenker weg. Ich würde es heute wieder so machen. So kann ich mich auch abgrenzen. Privat bin ich auch Carlo Schenker, als Sänger Leonard.
Tickets für das Leonard-Konzert in Altdorf vom 20. September gibts beim Theater(uri): Telefon 041 872 01 70; Internet: www.theater-uri.ch. - Am Samstag, 15. September, ist Leonard in der Sendung «Herbstfest der Volksmusik» auf ARD zu sehen. Die Sendung beginnt um 20.15 Uhr.Markus Arnold