Wer sich dieser Tage der Alten Kirche nähert, der merkt schon bald, dass es sich um eine ganz spezielle Ausstellung handeln muss. Bereits beim Eingang ist ein Mann einer Sicherheitsfirma postiert, und im Ausstellungslokal selber sorgen weitere Sicherheitskräfte durch ihre Präsenz dafür, dass auch niemand auf die Idee kommt, sich an den Schätzen zu vergreifen.
Ehrenplatz für den Giganten
Hat man die Eingangspforte passiert, wird es auf einen Schlag dunkel. Das Innere der Kirche ist nicht wiederzuerkennen. Man erhält das Gefühl, von einer Sekunde auf die andere in eine völlig andere Welt einzutauchen. Genau das ist auch das Ziel der Ausstellungsmacher. Sie haben Schiff und Chor in aufwendiger Arbeit in eine faszinierende Kristallhöhle verwandelt.
Der Blick der Besucher wird mit perfektem Lichtspiel auf die hinter dickem Glas um die Wette strahlenden Kristalle gelenkt, allesamt Steine mit schier unglaublichen Ausmassen und von perfekter Reinheit, die allerdings noch getoppt werden. Vorne im Chor nämlich, sozusagen ganz am Ende der Höhle, hat das eigentliche Prunkstück der Ausstellung einen Ehrenplatz erhalten.
Es handelt sich um eine knapp 300 Kilogramm schwere Rauchquarzgruppe mit einer markanten Spitze von rund 1 Meter Länge. Dieser weltweit als einzigartig geltende Gigant thront auf einem Podest und ist als einziges Objekt nicht von Glas umgeben. Beim Gang durch die Ausstellung wird schnell klar, dass die beiden Berufsstrahler und Freunde, die sich 1972 kennengelernt haben und seit Anfang der Neunzigerjahre professionell zusammenarbeiten, keine Mühen und Kosten gescheut haben, ihrem Sensationsfund einen gebührenden Auftritt zu ermöglichen, der bei den Besuchern einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen dürfte.
Faszinierendes Filmdokument
14 Jahre lang haben sich die beiden am Planggenstock ins Zeug gelegt, bis sie endlich mit dem unglaublichen Fund belohnt wurden. Auch diese Seite des Lebens eines Berufsstrahlers wird an der Ausstellung thematisiert. Auf dem über zwei Treppen erreichbaren Zwischenboden werden den Besuchern via Grossleinwand einzigartige Bilder über die schweisstreibende Arbeit in den engen und nasskalten Klüften sowie die überaus aufwendige Bergung der Kristallgruppen präsentiert. Der eindrückliche Streifen bringt hautnah rüber, welch schier unmenschliche Plackerei Strahler auf sich nehmen, ohne zu wissen, ob sich die ganze Schufterei je in barer Münze auszahlen wird.
Nicht mit Geld aufzuwiegen
Wenn man die beiden Berufsstrahler auf den Wert der ausgestellten Kristallgruppen, die zusammen 2,5 Tonnen auf die Waage bringen und alle aus der gleichen Kluft, rund 32 Meter im Berg drin, auf rund 2600 Meter über Meer geborgen worden sind, anspricht, geben sie sich eher zugeknöpft. Franz von Arx lüftet das Geheimnis nach längerem Zögern aber doch noch: «Es handelt sich sicher um einen siebenstelligen Betrag. Aber man muss bedenken, dass wir fast anderthalb Jahrzehnte hart dafür gearbeitet haben.»
Eigentlich seien die Kristalle von unschätzbarem Wert und nicht mit Geld aufzuwiegen. Diese einzigartigen Naturschätze nach rund 18 Millionen Jahren in der Dunkelheit ans Licht zu bringen, das sei das wirklich Wesentliche. Berufskollege Paul von Känel pflichtet bei und fügt hinzu: «Es gibt nur wenige Menschen auf der Welt, die so etwas Grossartiges erleben können.»
Ab ins Bundeshaus?
Dass der materielle Aspekt nicht im Vordergrund steht, untermauert Franz von Arx mit folgender Aussage: «Wenn wir nur aufs Geld schauen würden, müssten wir den Fund ins Ausland verkaufen. Aber das kommt für uns nicht in Frage. Wir wollen, dass alles in der Schweiz bliebt und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird.»
Derzeit laufen Bestrebungen, die Kristalle im Eingangsbereich des Bundeshauses zu platzieren. Konkret ist das Ganze aber noch nicht. Museen und Private haben laut Franz von Arx ebenfalls Interesse angemeldet. Zunächst wollen sich die beiden Strahler aber ganz auf die aktuelle Ausstellung in Flüelen konzentrieren, mit der sie ihr Versprechen einlösen, die wunderbaren Kristalle in jenem Kanton erstmals auszustellen, in dem sie gefunden worden sind. Beruflich gönnen sich Franz von Arx und Paul von Känel eine einjährige Auszeit. Dann wollen sie wieder an den Planggenstock zurückkehren und nach weiteren Kristallen suchen.
Die Ausstellung in der Alten Kirche in Flüelen wird heute Samstag, 31. März, eröffnet. Sie dauert bis am 28. Mai und ist täglich von 10.00 bis 20.00 Uhr geöffnet.
Urs Hanhart