jährlich neu aufgebaut werden muss, soll so vor dem Abschmelzen geschützt werden.21. März 2005. Frühlingsbeginn. Temperatur: +9,1 Grad Celsius im Schatten - nicht im Talboden, sondern auf dem Gurschen in Andermatt auf 2200 Meter über Meer. Auf dem Gemsstock, auf knapp 3000 Meter über Meer, zeigt das Quecksilber +1 Grad Celsius an. Carlo Danioth, Pisten- und Rettungschef am Gemsstock, kann es kaum glauben. Zwar sei es jetzt eine recht lange Zeit sehr kalt gewesen, doch diese plötzliche Wärme, die schon seit vier Tagen herrscht, sei schon ausserordentlich. Dies hat auch Auswirkungen auf seine Arbeit. Steinschläge bereits zur jetzigen Jahreszeit hat es in diesem Ausmass früher nicht gegeben. Der Klimawandel kann hier oben eins zu eins verfolgt werden. Die Permafrostgrenze steigt.
Protest der UmweltschützerDie «SonntagsZeitung» vom 20. März berichtete auf der Frontseite vom Vorhaben in Andermatt, den obersten Gletscherteil während des Sommers in eine 50x60 Meter grossen Schaumfolie einzupacken. Die Folie solle das Eis über die Sommermonate vor der Sonneneinstrahlung und dem Schmelzen schützen. Jährlich verliere der Gurschengletscher beim Startpunkt zu den Gletscherabfahrten 5 Meter an Höhe, schrieb die Zeitung. Seit einigen Jahren muss deshalb jährlich eine riesige Rampe gebaut werden, damit die Schneesportlerinnen und -sportler überhaupt auf die Pisten gelangen. - Gegen das Projekt entwickelt sich auch Widerstand, berichtete die «SonntagsZeitung» weiter. Umweltschützer seien empört, die Idee sei abstrus. Die Dynamik des Gletscherschwundes lasse sich nicht durch eine Folie aufhalten.
Praktische, wirtschaftliche und ökologische GründeAm Gemsstock will man mit dem Vorhaben nicht den Gletscherrückgang aufhalten. Carlo Danioth machte gegenüber dem «Urner Wochenblatt» praktische, wirtschaftliche und auch ökologische Gründe geltend. Die rund 25 Meter hohe Rampe auf dem Gemsstock müsse jedes Jahr mit einem gigantischen Aufwand neu aufgebaut werden. Da man zuoberst auf dem Gemsstock keinen technischen Schnee produzieren könne, werde weiter unten der Schnee «zusammengekratzt» und mittels Seilwinde und Pistenfahrzeug hinauftransportiert - mit entsprechendem Treibstoffverbrauch. Für 1 Kubikmeter Schnee müsse man mit Kosten von 5 Franken rechnen.
Die Pistenbauer am Gemsstock sind also um jeden Kubikmeter Schee und Eis, der den Sommer übersteht, froh. Mit einer Abdeckmatte soll deshalb die Rampe von Mai bis September vor den UV-Strahlen geschützt werden. Idealerweise sollte die Temperatur unter der Matte nicht höher als 0 Grad Celsius sein.
Verschandelung der Landschaft?Carlo Danioth erklärt, dass man nun ein Baugesuch eingeben werde. Dann müsse wohl auch das Amt für Raumplanung noch dazu Stellung nehmen. Er sei aber sehr zuversichtlich, dass nach Saisonschluss im Mai das Vorhaben in die Tat umgesetzt werden kann. Das Argument, dass das Landschaftsbild dadurch verschandelt werden könnte, lässt er nicht gelten. «Aus meiner Sicht sähe die Rampe mit einer weissen Abdeckschicht im Sommer optisch sogar schöner aus als ohne. Denn der verbleibende Schnee wird durch die atmosphärische Verunreinigungen und den Saharastaub braun und schmutzig.»
In der «SonntagsZeitung» wurde ein PVC-Produkt der Firma Sarna Plastec als Abdeckfolie präsentiert. Carlo Danioth betont, dass dies lediglich eine Option sei. In Frage käme auch ein Naturfaserprodukt mit Hanf, welches vollständig recycelbar wäre. Je nach Art der Abdeckung wird die Anschaffung und Anbringung zwischen 50'000 und 100'000 Franken kosten.
Markus Arnold