Kunst im ehemaligen Geissenstall

Eine Kunstgalerie und zugleich ein Ort der Begegnung: Louis Lussmann und Gedeon Regli stellen in einem ehemaligen Geissenstall in Göschenen aus.
25.11.2011
Ein unscheinbares Haus direkt an der Gotthardstrasse in Göschenen. Helle Schindeln, kleine Fenster. Eine Treppe an der Seite des Hauses führt in die schmucke Wohnung mit weiss gestrichenen Holzwänden und einer niedrigen Decke. «Geissplatte» wird das Haus genannt. Ein Chalet aus dem 18. Jahrhundert. Mineure und Ziegenbauern sollen einst darin gelebt haben. Seit dem Jahr 2000 gehört es Alexandra Aschwanden. Die Buchautorin lebt und arbeitet zwar in Oberwil im Kanton Basel-Landschaft. Göschenen ist aber ihr Ort der Ruhe. Hier spannt sie aus. Hier geniesst sie die Natur. «Ich war früher oft bei meinen Grosseltern in Andermatt zu Besuch. Die Gegend um das Urserntal ist mir enorm ans Herz gewachsen», sagt die 50-Jährige. In Flüelen geboren, liegt ihr auch heute noch viel am Kanton Uri. Einige ihrer Bücher spielen im Urnerland, so beispielsweise «Maledetto» oder «Die Gefangenen von Isenthal». Hier sieht Alexandra Aschwanden ihre zweite Heimat. «Die Urnerinnen und Urner sind herzensgute Menschen, die immer ein nettes Wort übrig haben und sehr hilfsbereit sind», sagt Alexandra Aschwanden. Jetzt will die Buchautorin der Bevölkerung etwas zurückgeben - und stellt dafür ihren Keller komplett auf den Kopf.

«Leere erzeugt Aussagekraft»

Der Keller in der «Geissplatte» scheint wie jeder andere in jedem anderen älteren Holzhaus. Ein separater Eingang führt in einen niedrigen Raum mit alten Steinmauern. Dieser Keller ist aber weder modrig noch dunkel. Durch zwei grosse Fenster strömt viel Tageslicht. Kleine Scheinwerfer an der Decke erhellen eine leere Ecke und eine leere Wand. Einst wurden hier Ziegen gehalten. Ein Raum, der tausend Geschichten erzählt.

Alexandra Aschwanden wollte den Keller nicht länger als Gerümpelkammer nutzen, sie wollte nicht, dass alte Möbel darin vermodern. Sie wollte dem Raum einen neuen Sinn geben. Lange hat die Buchautorin zusammen mit ihren zwei Söhnen, ihrem Mann und Freunden überlegt, was mit dem Keller in der «Geiss-platte» geschehen könnte. «Es kamen einige verrückte Vorschläge. Die einen wollten eine Sauna einrichten, die andern sahen darin eine Massagepraxis», erzählt Alexandra Aschwanden. Sie selbst wollte den Raum aber nicht komplett verändern, nicht mit Möbeln und Geräten zustellen. Alexandra Aschwanden gefiel der Gedanke der Leere. «Leere erzeugt Aussagekraft in einem Raum wie diesem.» Diese Aussagekraft sollte nur durch eines unterstützt oder verstärkt werden: Kunst.

Ort der Begegnung

Ab dem 3. Dezember ist die «Geiss-platte» nicht nur Ferienhaus, Rückzugsort und ein Haus voller Geschichten, sondern auch eine Kunstgalerie. Die erste Ausstellung gehört Steinbildhauer Gedeon Regli und Maler Louis Lussmann. Bewusst hat Alexandra Aschwanden die beiden Urner Künstler angefragt: «Stein und Malerei ergänzen sich wunderbar.» Das Thema der Ausstellung bleibt den Künstlern freigestellt. Sie entscheiden auch selbst über die Dauer und die Öffnungszeiten der Ausstellung. Für Alexandra Aschwanden ist dies ein Experiment: «Ich hoffe, meine Idee findet Anklang in der Bevölkerung.»

Ein- bis zweimal pro Jahr will Alexandra Aschwanden Kunstschaffenden die Möglichkeit geben, ihre Werke im Keller der «Geiss-platte» auszustellen. Auf Provisionen verzichtet sie. Stattdessen verlangt sie einen Beitrag für Strom und Vernissagekosten. «Das ist ein Gönnerprojekt - mein kleiner Beitrag an die Kunst. All jene, die hauptberuflich als Kunstschaffende tätig sind, finden bei mir eine offene Tür und einen freien Raum», erklärt Alexandra Aschwanden. Die «Geissplatte» soll als Schaffensraum, Ort der Entspannung und Inspiration dienen. «Es wäre schön, wenn die Kunstgalerie regelmässig genutzt würde», sagt Alexandra Aschwanden.

Die kleine Kunstgalerie ist aber nicht nur ein Beitrag an die Kunst, sondern ihr Geschenk an die Einheimischen. «Anlässlich der Vernissage lade ich alle Göschenerinnen und Göschener zu einem feinen Kaffee Schnaps und Kuchen ein.» Mit dem Anlass am 3. Dezember (ab 16.00 Uhr) will Alexandra Aschwanden Einheimische zusammenbringen und einen gemütlichen Abend verbringen. So soll aus dem einstigen Geissenstall eine Kunstgalerie und gleichzeitig ein Ort der Begegnung werden.

Martina Regl


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