Mit einem besonderen Spirit auf der Piste

Sechs Mal pro Woche trainiert Martin Echser. In die Top Ten zu kommen reicht ihm nicht. Der Telemarker will gewinnen.
06.02.2009
«Wir sind eine Telemarknation», so der Titel des Berichtes von Swiss Ski zu den diesjährigen Weltmeisterschaften in Kreischberg. Ganze zehn Medaillen holte sich das Schweizer Nationalteam in Österreich. Es besteht momentan aus zwei Frauen und fünf Männern. Einer von ihnen ist der Urner Martin Echser. Er war mit seiner bisherigen Leistung in dieser Saison nicht vollends zufrieden: «Zwar ist es mir gelungen, die Top Ten bis auf die Disziplin Telemark zu erreichen. Als Athlet möchte man aber immer gewinnen. Am Schluss überwiegt jedoch die Freude.»

Spät angefangen

Entdeckt hat Martin Echser seine Leidenschaft für Telemark eher spät. Mit 16 Jahren fuhr er Rennvelo in der Juniorennationalmannschaft, musste dann aber zwei Jahren später aus gesundheitlichen Gründen aufhören. Als 20-Jähriger hat er Telemark in einem J+S-Kurs entdeckt. Von Anfang an hat ihn der spezielle Bewegungsablauf fasziniert. Bei seinem ersten Rennen, der Schweizermeisterschaft 2005/06, holte er gleich die Bronzemedaille. Daraufhin ist er ins Nationalteam aufgenommen worden. In der vergangenen Saison konnte er aufgrund einer Schulterverletzung nicht an Rennen teilnehmen. Den Trainingsrückstand habe er aufgeholt, doch die Rennerfahrung fehlt eben doch. Diese Saison erreichte er bei den Weltmeisterschaften Ende Januar in Kreischberg, Österreich, als bestes Resultat den 8. Rang.

Gute Freundschaften

Heute trainiert der Gurtneller sechsmal in der Woche. Das Training besteht aus Kraft- und Konditionsteilen. Im Sommer ist er viel auf den Rollskiern in Realp unterwegs. Die offiziellen Trainings beginnen Mitte August und dauern bis Dezember. Fast jedes Wochenende ist er dann mit dem Team zusammen in Saas-Fee. «Man verbringt viel Zeit miteinander, dabei sind gute Freundschaften entstanden.» Nebenbei hat er seine Französischkenntnisse verbessert, denn erst seit diesem Jahr hat es noch andere Deutschschweizer in der Nationalmannschaft.
Motivieren muss er sich für die vielen Trainings nicht. Sport ist etwas, das er ohnehin braucht. «Bereits als Kind habe ich gerne an Wettkämpfen teilgenommen und Leistungssport betrieben. Beim Training kann ich gut abschalten und ich fühle mich hinterher besser», erzählt Martin Echser. Ausserdem reizt es ihn, an seine körperlichen Grenzen zu gehen. In seiner Freizeit ist er am Klettern, Surfen oder Velofahren.
Um seinem Traumsport überhaupt nachgehen zu können, ist er auf einen flexiblen Arbeitgeber angewiesen. Er hat die Möglichkeit, während der Saison sechs Wochen freizunehmen und die fehlende Zeit im Sommer aufzuarbeiten. «Meinen Arbeitskollegen verdanke ich viel. Wenn sie nicht bereit wären, in dieser Zeit meine Arbeit zu übernehmen, könnte ich nicht an den Rennen teilnehmen», meint der Elektrotechniker.

Extrem vielseitiges Gerät

Viele verschiedene Aspekte tragen zu Martin Echsers Telemarkbegeisterung bei. «Einerseits ist es das Gerät an sich. Telemark ist sehr vielseitig. Man kann damit im Pulverschnee fahren, aber auch Skitouren machen oder Rennen austragen. Der Sport ist koordinativ schwierig, weil man ständig ausbalancieren und das Gleichgewicht halten muss. Ausserdem ist er mit einer 2- bis 3-minütigen Renndauer physisch anstrengend.» Ebenso wichtig wie die Sportart selbst, ist für Martin Echser das «Drumherum». Der Telemarker ist ein spezieller Mensch. «Wir schätzen gemütliches Zusammensein, reden gern mit anderen Telemärklern und sind urchig.» Einmal traf er einen 82-jährigen Mann, der Telemark lernte. Dass seine Schwünge nicht sehr anmutig waren, störte niemanden. Telemark ist ein Sport für Jung und Alt. Hauptsache es macht Spass.

Wie eine grosse Familie

Das gute Verhältnis der Telemärkler ist auch im Rennzirkus sichtbar. Wenn Martin Echser zu Weltcuprennen nach Norwegen reist, ruft er vorher seinen skandinavischen Kollegen an, um mit ihm in den Ausgang zu gehen. Das scheint ein Widerspruch zum Verständnis des Leistungssports, doch Martin Echser relativiert: «Wir geben trotz dieser Einstellung an jedem Rennen unser Bestes und loten unsere Grenzen aus.» Die Telemark-Sportler gleichen einer grossen Familie, in der jeder jedem hilft. «Weshalb soll ich nach einem Rennen dem Sieger nicht gratulieren? Jeder hat es ja selbst in der Hand, es besser zu machen.»

Die kleinste Disziplin

Telemark ist die kleinste Disziplin, die Swiss-Ski angegliedert ist. Ihr Budget von 25 000 Franken reicht knapp für die Trainings und die Renneinsätze. Alle weiteren Kosten werden aufgeteilt und in Rechnung gestellt. «Vom Telemark können nicht einmal die Profis in Norwegen leben», weiss Martin Echser. Im Heimatland des Telemarks, Norwegen, hat dieser Sport eine andere Bedeutung. «Die Norweger sind freundlich und die Skigebiete gefallen mir sehr gut», berichtet der 30-Jährige. Und fügt schmunzelnd hinzu: «Wenn es dort nur nicht so kalt wäre.»

Stefanie Schuler


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