Nachfolgelösung für das Kinder- und Familienhilfswerk Uri

Auf Ende dieses Jahres werden die Schwestern vom Seraphischen Liebeswerk Solothurn das Kinder- und Familienhilfswerk Uri in Altdorf schliessen. Eine aus dem Dekanat Uri gebildete Arbeitsgruppe sieht die Möglichkeit, das Haus an der Seedorferstrasse käuflich zu erwerben und in einem gewissen ...
11.06.2004
Umfang Arbeiten des bald ehemaligen Kinder- und Familienhilfswerks Uri weiterzuführen. Das Dekanat Uri und die Reformierte Landeskirche Uri möchten zu diesem Zweck am 22. Juni einen Verein gründen. Am Dienstag, 8. Juni, ist über das Konzept und die Finanzierung orientiert worden.

Generalvikar Martin Kopp würdigte einleitend die wertvolle Arbeit, die das Kinder- und Familienhilfswerk in den vergangenen 50 Jahren geleistet hat. Der Kanton Uri werde mit dessen Wegzug einen tiefen Einschnitt in sozial kompetente und professionelle Sozialarbeit erfahren. Mit jährlich gegen 4`000 Beratungsgesprächen habe diese Institution mit ihrem kostenlosen Dienst für Hilfesuchende die öffentliche Hand stark entlastet. Für die Pfarreien und die reformierte Kirche habe das Hilfswerk die Funktion einer wichtigen Anlaufstelle für statistisch nicht festgehaltene soziale Notlagen wahrgenommen. Ohne die Wissenskraft der Schwestern wären die Pfarreien in vielen sozialen Fragen überfordert und in keiner Weise fachlich vorbereitet gewesen. Diese Delegationsmöglichkeit an das Hilfswerk entfalle nun im nächsten Jahr. Die katholischen Pfarreien und reformierten Kirchgemeinden seien deshalb gefordert, auf die neue Situation zu reagieren. Das, was der Staat zur Verfügung stellen könne, reiche nicht aus, um die entstehende Lücke zu schliessen.

Martin Kopp betonte, dass die Diakonie zu den zentralen Aufgaben der Kirchen gehöre. Man dürfe deshalb nicht einfach zuschauen, wie ein kirchliches Sozialwerk von der Bildfläche verschwinde. Die Initiative, eine Nachfolgeorganisation für das Kinder- und Familienhilfswerk auf die Beine zu stellen, ging von den katholischen Seelsorgern aus. Frühzeitig in die Planungen mit einbezogen wurde auch die Reformierte Landeskirche Uri. Somit handelt es sich, genau genommen, um ein ökumenisches Projekt.

Haus soll gekauft werden

Das vom Schattdorfer Pfarrer Bruno Werder präsentierte Konzept sieht vor, dass der noch zu gründende Verein das im Besitz des Seraphischen Liebeswerks befindliche Haus an der Seedorferstrasse 6 in Altdorf, dessen Schatzungswert bei 2,2 Millionen Franken liegt, käuflich erwirbt und dort in einem gewissen Umfang Arbeiten des Kinder- und Familienhilfswerks weiterführt. Über den Preis konnte man sich bereits einigen. Er liegt dank grossem Entgegenkommen der Besitzerin, unter anderem mit einem zinslosen Darlehen, bei 1 Million Franken. Der Kanton hat einen Beitrag von 300`000 Franken an den Kaufpreis zugesichert. Bedingung ist allerdings, dass der Verein keinen Leistungsauftrag erhält. Vom Kanton ist somit kein weiteres Geld mehr zu erwarten. Ausser der Verein erhält konkrete Aufträge, die vergütet werden müssen. Die restlichen 700`000 Franken sollen über Bankkredite finanziert werden.

Ausgeglichene Betriebsrechnung

Pfarrer Bruno Werder legte bereits eine provisorische Betriebsrechnung vor. Das ganze Parterre und einige Räume im Untergeschoss können ausgemietet werden, und zwar an den zurzeit noch im Kantonsspital Uri beheimateten Sozialpsychiatrischen Dienst. Die daraus resultierenden Mietzinseinnahmen belaufen sich auf maximal 60`000 Franken im Jahr. Weitere 30 000 Franken sollen durch die Vermietung des oberen Stockes hereinkommen. Nach Abrechnung der Amortisation für Bankzinsen (30`000 Franken) und der Betriebskosten (20`000) bleiben 40 000 Franken an Mietzinseinnahmen. Die erwarteten Ausgaben von 145`000 Franken setzen sich aus den Lohnkosten für eine oder zwei Fachpersonen (120`000 Franken für ein 120-Prozent-Pensum), eine 20-Prozent-Bürokraft (15`000 Franken) und dem sonstigen Büroaufwand (10`000 Franken) zusammen. Bruno Werder betonte, dass von einem hohen Anteil an freiwilliger Mitarbeit ausgegangen wird, namentlich im Büro- und Präsenzbereich. Während den Nachtstunden und über Festtage soll eine Pikettnummer eingerichtet werden.

Positive Signale

Nebst dem Mietzins rechnen die Verantwortlichen gemäss dem provisorischen Budget mit folgenden Einnahmeposten: zweimaliges Kirchenopfer (15`000 Franken), Legate/Schenkungen/Gaben (10`000), Beiträge Katholische Landeskirche Uri (20`000), Standortkirchgemeinde Altdorf (10`000), Reformierte Landeskirche Uri (5`000), Generalvikariat (5`000), Stiftungen (10`000), Mitgliederbeiträge (5`000), Beitrag vom Seraphischen Liebeswerk Solothurn (20`000 Franken während den ersten fünf Jahren als Starthilfe) und Entschädigungen durch Gemeinden (10`000). Unter dem Strich resultieren Gesamteinnahmen von 150`000 Franken, womit die Ausgaben gerade eben gedeckt sind. Allerdings enthält die Betriebsrechnung noch diverse Unbekannte. So müssen zum Beispiel die Landeskirchen die Beiträge erst noch beschliessen. Die diesbezüglichen Signale sind aber positiv. «Ohne die vielen Stützmassnahmen durch das Seraphische Liebeswerk wäre die Finanzierung, sprich: eine ausgeglichene Betriebsrechnung, schlicht nicht möglich», hielt Generalvikar Martin Kopp fest und fügte an: «Mir scheint sehr wichtig, dass sich die Urner Bevölkerung dessen bewusst ist.»

Als Grundlage benötigt der Verein noch ein Betriebskapital von etwa 100`000 Franken. Dieses soll bei Stiftungen zusammengebettelt werden, wie sich Martin Kopp ausdrückte. Ein weiterer finanzieller Punkt ist das, was als Vergabungen im Sinne von Hilfen eingesetzt wird. Deren Höhe wurde noch nicht beziffert. Eingesetzt werden sollen auch Gelder, die direkt für Hilfsbedürftige gespendet werden.

Verein oder Stiftung?

Altregierungsrat Anton Stadelmann wollte von den Initianten wissen, weshalb man sich für einen Verein und nicht für eine Stiftung entschieden hat. Martin Kopp wies darauf hin, dass die vorgestellte Struktur verhältnismässig beweglich sei und das Haus das Betriebsbudget mittrage. Vom rechtlichen Standpunkt aus bestünden keinerlei Bedenken gegen die Vereinsform, betonte Hans Danioth. Eine nicht so fest gefügte Struktur sei für diesen Zweck sogar vorteilhafter. Wenn später das Bedürfnis nach einer strengeren Rechtsform aufkomme, könne man auch nachträglich noch eine Stiftung gründen.

Der Pfarrer von Erstfeld, Josef Suter, gab zu Bedenken, dass in den Kirchenräten eine gewisse Zurückhaltung gegenüber dem aufgegleisten Konzept zu spüren sei. Man sei skeptisch, ob es gelinge, die angestrebte Zahl von Freiwilligen zusammenzubringen. Jedenfalls müsse noch viel Überzeugungsarbeit geleistet werden. Darauf hatte Bruno Werder eine klare Antwort: «Wenn uns der Dienst am Nächsten im eigenen Kanton als Kirchen nicht am Herzen liegt, dann können wir abdanken.» Martin Kopp erinnerte daran, dass der ganze Kanton über sehr schöne Kirchen verfügt. Auch bei den Gottesdiensten und beim Religionsunterricht scheue man Bemühungen und Ausgaben nicht. «Aber unternehmen wir die gleichen Bemühungen für die Diakonie?», stellte er eine Frage in den Raum. Dass sich die Kirche im sozialen Bereich engagiere, sei ebenso wichtig wie alle Gottesdienste, die man an Sonn- und Werktagen
zusammengenommen feiere. «Es ist an der Zeit, dass wir eine Imageänderung unserer Kirchen vollziehen», so der Generalvikar überzeugt, «das stünde uns gut an.»

Urs Hanhart


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