Bei Grippe, Schmerzen oder anderen Gebrechen ist es angenehm, schnell den Hausarzt aufzusuchen oder diesen gar zu sich nach Hause kommen zu lassen. Fehlt der Arzt oder die Ärztin in der Nähe, kann dies ein Grund sein, einer so genannten Randregion den Rücken zu kehren. Als Dr. Peter Hirzel bekannt gab, dass er seine Praxistätigkeit in Göschenen aufgeben werde, waren Kanton und Gemeinde deshalb daran interessiert, möglichst rasch eine Nachfolge zu finden. Die Firma Mediprax GmbH mit Sitz in Luzern - sie hatte die Praxis von Peter Hirzel abgekauft und betreibt diese - konnte darauf Dr. Stefan E. Heinrich unter Vertrag nehmen. Mitte Dezember 2004 erteilte der Kanton dem Arzt die notwendigen Bewilligungen.
Trennung nach drei Tagen
Doch bereits drei Tage nach Vertragsunterzeichnung trennten sich die Mediprax GmbH und Stefan E. Heinrich «im gegenseitigen Einvernehmen». Rolf Gabriel von der Mediprax GmbH präzisiert: «Es hat zwischen uns einfach nicht funktioniert.» Göschenen steht seither wieder ohne eigenen Arzt da. Im ganzen Urner Oberland und Urserental gibt es somit in der Person von Dr. Andreas von Schulthess, Andermatt, noch einen einzigen allgemein praktizierenden Arzt.
Rolf Gabriel räumt ein, dass die Mediprax GmbH stark daran interessiert sei - «nicht nur aus betriebswirtschaftlichen Gründen» -, dass eine Person gefunden werde, die bereit sei, in Göschenen die Praxis zu betreiben. «Tatsache ist aber, dass es heute wahnsinnig schwierig ist, Ärztinnen oder Ärzte für ländliche Gebiete zu finden.»
Einflussmöglichkeiten des Kantons
Gemäss Roland Hartmann, Vorsteher des Amtes für Gesundheit, konnte in Göschenen vorübergehend bis Ende April mit einer Stellvertretung eine Zwischenlösung gefunden werden. «Wir hatten mit Bedauern zur Kenntnis genommen, dass das Vertragsverhältnis zwischen der Mediprax GmbH und Stefan E. Heinrich so schnell aufgelöst wurde. Der Kanton hat ein Interesse, dass das Urner Oberland medizinisch gut versorgt ist», so Roland Hartmann. Doch direkt könne der Kanton keinen Einfluss auf eine Nachfolge nehmen. Er werde jedoch indirekt mit Kooperation, speditiven und unkomplizierten Bewilligungsverfahren das Vorhaben unterstützen.
Noch keine prekäre Situation in Uri
Von einer prekären Situation in der Gesundheitsversorgung im Kanton Uri möchte Roland Hartmann - angesprochen auf den parlamentarischen Vorstoss von Landrat Toni Moser - noch nicht sprechen. Doch er gibt zu, dass sich dies in Zukunft ändern könnte. Im Gesundheitsleitbild vom Dezember 2003 stehe klar, dass es eine grosse Herausforderung sei, die medizinische Grundversorgung in Zukunft sicherzustellen. «Ich möchte aber in aller Deutlichkeit sagen, dass dies kein Uri-spezifisches Problem ist», fügt er an. Diese Schwierigkeiten kennten sämtliche Randregionen der Schweiz.
In der Tat ist es für Ärzte attraktiver, in grösseren Zentren tätig zu sein, als in abgelegenen Dörfern. Einerseits belasten die hohen Präsenzzeiten und die vielen Notfalldienste stark, andererseits ist die Entlöhnung in Randgebieten deutlich geringer. Für Roland Hartmann ist dies ein nationales Strukturproblem: «Eigentlich müssten gleiche Leistungen überall gleich entschädigt werden.»
Die Wahrscheinlichkeit, dass mittelfristig eine Ärztin oder ein Arzt für Göschenen gefunden werden kann, beziffert Rolf Gabriel auf 50:50.
Markus Arnold