Sagenwelt als inspirierende Vorlage

Auf Gitschenen wird zurzeit kräftig gesägt, gehämmert und gehobelt. Rund ein Dutzend Kunsthandwerkerinnen und -handwerker fertigt im Rahmen des 1. Alpenbildhauer-Symposiums Figuren für einen Skulpturenweg an, der am kommenden Sonntag, 30. Juli, eröffnet wird. Die Inspiration holen sich die ...
25.07.2006
Teilnehmenden aus der mystischen Welt der Urner Sagen.

Der Isenthaler Peter Bissig hat schon mehrfach an Bildhauersymposien teilgenommen, zuletzt an einem auf der Blumeninsel Mainau in Deutschland, das in Zusammenhang mit der Fussball-WM durchgeführt wurde. «Weil an derartigen Veranstaltungen stets eine spezielle Ambiance herrscht, habe ich mich entschlossen, auch im Kanton Uri einen solchen Event auf die Beine zu stellen», verrät der 24-Jährige.
Eingeladen hat er zu dieser Urner Premiere zehn Kolleginnen und Kollegen, die er grösstenteils von seiner Ausbildung an der Schule für Holzbildhauerei in Brienz her kennt, die er im vergangenen Jahr erfolgreich abschliessen konnte. Somit sind in Gitschenen junge Holzbildhauerinnen und Holzbildhauer aus verschiedenen Regionen der Schweiz vertreten. Zwei sind mittlerweile in unserem nördlichen Nachbarland tätig und versuchen in Berlin Fuss zu fassen.

Intensive Vorbereitung

«Sagen - Leben - Leiden(schafft)», so lautet das Thema des einwöchigen Symposiums. In ihren Arbeiten nehmen die Künstlerinnen und Künstler Bezug auf die mystische Welt der Urner Sagen. Damit sich seine Kolleginnen und Kollegen quasi geistig aufs Symposium und dessen Thematik vorbereiten konnten, gab ihnen Peter Bissig bereits im Vorfeld umfassendes Informationsmaterial ab. Zudem lud er sie zu einer Besichtigungstour ein, an der die verschiedenen Originalschauplätze - sofern man bei Sagen überhaupt davon sprechen kann - in Augenschein genommen wurden.
Wer welche Geschichte thematisiert beziehungsweise ein dazu passendes Kunstwerk anfertigt, wurde ebenfalls bereits im Vorfeld geklärt. So blieb für alle genügend Zeit, um als Vorlage für die spätere Holzskulptur ein Minimodell aus Plastilin oder Ton herzustellen.
Motorsäge, Hammer und Meissel
Seit Samstag fallen in der improvisierten Freiluftwerkstatt beim Berggasthaus Gitschenen kubikmeterweise Sägespäne an. Als Ausgangsmaterial dienten den Kunsthandwerkerinnen und Kunsthandwerkern bis zu 300 Kilogramm schwere Lärchenstämme, die in den Tagen vor dem Symposium in einer aufwändigen Aktion auf die rund 1500 Meter über Meer gelegene Alp transportiert werden mussten. Es ist wirklich faszinierend zu sehen, wie mit Motorsägen, Meissel und Hammer binnen weniger Tage aus einem unscheinbaren Holzklotz ein Kunstwerk entsteht.
Am Montag, 24. Juli, beim Besuch des «Urner Wochenblattes», waren die meisten mit ihrer Arbeit schon recht weit fortgeschritten, so auch Peter Bissig, der es sich trotz Organisationsstress nicht hat nehmen lassen, selber aktiv mitzumachen. Als Thema für seinen Beitrag hat er die in seinem Heimatdorf bestens bekannte Manschettler-Sage ausgewählt. Der initiative Isenthaler ist begeistert von der Stimmung, die derzeit auf Gitschenen herrscht: «Wir haben es toll hier oben. Es kommt mir vor, als würden wir ein ganz spezielles Klassentreffen abhalten.»

Für Gotteslohn

Nebst Peter Bissig ist mit Hans Gisler auch ein zweiter Urner vertreten. Der Altdorfer ist einer der Oldies unter den Teilnehmenden, hat er doch besagte Schule in Brienz bereits vor zwölf Jahren abgeschlossen. Seither arbeitet er als selbstständiger Holzbildhauer.
Hans Gisler, der in seiner Arbeit die Grenzsage vom Urnerboden thematisiert, in der ein voll gefressener Glarner Gockel und dessen hungriges Urner Pendant die Hauptrollen spielen, fühlt sich inmitten von fast lauter ganz jungen Berufskolleginnen und -kollegen keineswegs als Aussenseiter, im Gegenteil: «Das Symposium bietet Gelegenheit
zu einem interessanten Gedankenaustausch. Man kann schöne Erinnerungen auffrischen und erfährt, was sich an der Schule inzwischen alles verändert hat. Als Selbstständigerwerbender ist es jeweils nicht einfach, sich für einen solchen Event Zeit zu nehmen, zumal man eine Woche lang für Gotteslohn arbeitet. Ich bin aber froh, für die Urner Premiere spontan zugesagt zu haben. Die Stimmung und die Atmosphäre hier oben sind wirklich super.»

Urs Hanhart


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