Das Haus schwebt über den Schaulustigen. Der Wind wiegt es langsam hin und her. Das Holzhaus mit den roten Fensterläden sieht wie ein Spielzeug aus. Während die rund 30 Bauarbeiter um das Gebäude herum laufen, wird dessen Grösse wahrnehmbar. Stahlträger biegen sich unter dem zweistöckigen Haus. Zwei Pneukrane halten die 110 Tonnen schwere Last. Immer wieder kontrollieren die Arbeiter, ob das Haus richtig platziert wird. Jeder Zentimeter zählt. Gebannt verfolgen Einheimische das Spektakel. Wie in Zeitlupe wird das Chalet an seinem neuen Standort abgesetzt. Lange dauerte die Reise am Donnerstag, 8. Juli, jedoch nicht. Das neue Fundament wurde 6 Meter neben dem bisherigen Standort erstellt. Nach einigen Minuten war alles vorbei. «Ich bin hochzufrieden», betont Bauleiter Daniel Gut, Senior Project Manager. Das «Vogelhaus», wie er den Holzbau nannte, habe keine Schäden genommen.
Bereits zweite Versetzung200`000 Franken lässt sich Andermatt Swiss Alps die Versetzung des Chalets kosten. Es muss dem Hotel Chedi weichen. Abreissen wäre für Investor Samih Sawiris jedoch nicht infrage gekommen. Auch wenn das Haus nicht unter Heimatschutz steht, hat es für ihn «grossen Erhaltungswert». Das Haus hat eine bewegte Geschichte: Am vergangenen Donnerstag ist es bereits zum zweiten Mal versetzt worden. 1897 wurde das Chalet von einer Churer Firma in Airolo erbaut. Nur ein Jahr später hat es einen Felssturz unversehrt überstanden. Das Haus musste evakuiert werden. Armasuisse hat das Gebäude übernommen und nach Andermatt versetzt. In der sogenannten «Aussenschule» wurden dort die Kinder von protestantischen Familien, deren Väter beim Bund tätig waren, unterrichtet. Seit mehr als zwei Jahren ist das Chalet unbewohnt. Und das wird wohl auch länger so bleiben, wie Daniel Gut bestätigt. «Was damit geschieht, ist noch völlig offen.» Vielleicht wird das Holzhäuschen ja mitten in der Hotelanlage zu einer echten Sehenswürdigkeit.
Martina Regli