Um 19.30 Uhr ist es so weit. Der Konvoi mit rund 40 Fahrzeugen, die sich bei der Autobahnausfahrt Beckenried versammelt haben, setzt sich in Bewegung. In einer geschlossenen Kolonne fährt der Tross die kurze Strecke zum Seelisbergtunnel. In den Autos: rund 100 Mitarbeitende von 30 Firmen. Ihre Aufgabe: die Südröhre des Seelisbergtunnels für den Verkehr sicherer machen. Nach der Einfahrt in die gesperrte Südröhre verteilen sich die Arbeiter über die ganze Tunnellänge von 9,25 Kilometern. Schon bald kracht es ein erstes Mal gewaltig. Schweres Gerät ist im Einsatz.
«Das gehört zum Job»Während sich der normale Autoverkehr für diese Nacht die Nordröhre teilen muss, bleibt die Südröhre den Arbeitenden vorbehalten. Seit dem 16. August wird die Tunnelseite in Fahrtrichtung Süden jede Nacht zwischen 19.30 Uhr und 5.00 Uhr gesperrt. 9½ Stunden Zeit haben die Bauarbeiter, um ihr Tag- beziehungsweise Nachtwerk zu verrichten. Nicht unbedingt ein Traumjob für die Betroffenen, denn im Tunnel zieht es, die Luft riecht nach Abgasen und der Geräuschpegel neben den Baumaschinen ist enorm. «Das gehört halt einfach zum Job», meint einer lapidar. «Alles, was für die Bauarbeiten benötigt wird, muss jeden Abend in den Tunnel geschafft werden», erklärt Kurt Studer, der verantwortliche Projektleiter des Bundesamts für Strassen (Astra). Eine logistisch nicht immer einfache Aufgabe, besonders, was die groben Bauarbeiten angeht. «Alles muss transportfähig und mobil sein. Einige Hilfsgeräte wie eine spezielle Abtropfwanne haben wir eigens für diese Baustelle hergestellt», erklärt Markus Zgraggen von der Brun AG. Eine zweite Herausforderung: Auch im Tunnel arbeiten die Unternehmen als Konvoi - nur ist der über die ganze Südröhre verteilt. So werden zurzeit 93 verstellbare Rauchklappen im Tunnel eingebaut, um den Rauchabzug im Brandfall zu verbessern. Dazu schneidet eine Firma 6 Quadratmeter grosse und 2,2 Tonnen schwere Stücke aus der Fahrbahndecke heraus. Ein paar Hundert Meter entfernt setzt ein zweites Unternehmen die neuen, automatisch aufklappbaren Vorrichtungen in die Decke ein. Eine dritte Arbeitsgruppe ist etwas weiter weg damit beschäftigt, die Steuerungselemente für die neuen Rauchklappen zu installieren. «Wenn ein Unternehmen nicht schnell genug arbeitet, stockt der ganze Sanierungsprozess», erklärt Kurt Studer. Stück für Stück arbeiten sich die Unternehmen so vom Nord- zum Südportal vor.
Investition für GesamtsanierungNeben dem Einbau der neuen Rauchklappen werden weitere Arbeiten ausgeführt. Ersetzt werden unter anderem die Lüftungs- und die Brandmeldeanlage. Zudem wird die Signalisation der Fluchtwege verbessert. «Damit wollen wir die Sicherheit für den einzelnen Verkehrsteilnehmer erhöhen», betont Kurt Studer. Das Ganze lässt sich der Bund rund 23 Millionen Franken kosten. Bis im Dezember dieses Jahres will das Astra mit den Arbeiten fertig sein. Mit diesem Ausbau wird die Südröhre auf die Gesamtsanierung des Seelisbergtunnels vorbereitet. «Zunächst werden wir die Nordröhre sanieren und während dieser Zeit den gesamten Transitverkehr auf der A2 zunächst durch die Südröhre führen», erklärt Kurt Studer.
Für die Leute im Tunnel geht die Arbeitsnacht um 4.30 Uhr zu Ende. Ein Reinigungsfahrzeug wischt die letzten Spuren der Bauarbeiten weg, bevor kurz danach die ersten Autos wieder durch die Südröhre fahren. Vom Geschehen in der Nacht merken wohl die wenigsten etwas.
Ralph Aschwanden