SPD Uri: Umzug wegen Raumnot

Das dritte Betriebsjahr des Sozialpsychiatrischen Dienstes des Kantons Uri (SPD Uri) erwies sich als ausgesprochen arbeitsintensiv. 2003 stieg die Zahl der Konsultationen in allen Bereichen. Zudem wurden insgesamt mehr Leistungen erbracht. Im laufenden Jahr wird dank einer personellen ...
20.08.2004
terung mit einer spürbaren Entlastung gerechnet. Gelöst ist inzwischen auch das Raumproblem.

Die Anzahl der Konsultationen nahm gegenüber 2002 um rund 400 auf 2'832 zu. Pro Fall gab es im Durchschnitt 6,7 Konsultationen. Im Vorjahr hatte der Schnitt bei 6,0 Konsultationen gelegen, 2001 bei 4,8. Auch das Total der erbrachten Leistungen stieg gegenüber den Vorjahren deutlich an. Der SPD Uri verfasste nebst der Betreuung der Patientinnen und Patienten 435 Berichte und 66 Gutachten. Bei den erbrachten Leistungen lagen die Einzelgespräche mit einem Anteil von 63,2 Prozent deutlich an der Spitze, gefolgt von Familien- und Gruppensitzungen (8,2 Prozent), Paartherapien (7 Prozent) und Konsilien (4,8 Prozent). Weitere Leistungen, die nebst dem Schreiben von Berichten und Gutachten erbracht wurden, sind die Beratung Dritter und Auswärtsbesuche.
41,4 Prozent der behandelten Patientinnen und Patienten litten an affektiven Störungen, besser bekannt als Depressionen. Auffallend ist, dass der Anteil der Frauen bei diesem Krankheitsbild deutlich höher lag als derjenige der Männer. Recht häufig, mit 28,7 Prozent, wurden auch neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen diagnostiziert. An dritter Stelle lag mit 8,2 Prozent die Diagnose Schizophrenie.

«Erschreckende Zahlen»

Im Jahresbericht des SPD Uri weist der Chefarzt der psychiatrischen Klinik Oberwil, Dr. med. Eberhard Rust, in einem speziellen Artikel mit der Überschrift «Erschreckende Zahlen» darauf hin, dass in den letzten zehn Jahren praktisch in allen psychiatrischen Kliniken der Schweiz eine starke Zunahme der Eintritte zu verzeichnen war. Die Zahl der IV-Berentungen aus psychischen Gründen sei im letzten Jahrzehnt von 35'000 auf 80'000 angestiegen.
Auch der Alkoholkonsum der Jugendlichen habe wieder deutlich zugenommen. Solche Entwicklungen seien allerdings nicht auf die Schweiz beschränkt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) prognostiziere gar, dass im Jahr 2010 die Depression die zweithäufigste Ursache von Invalidität weltweit sein werde. Eberhard Rust verweist auf eine europäische Studie, die ergab, dass einer von vier Europäern während seines Lebens eine psychische Störung erleidet, 4 Prozent der Europäer hatten innerhalb der letzten zwölf Monate eine schwere Depression, 6 Prozent eine Angststörung. Was die Studie auch aufzeigte, war, dass weniger als die Hälfte dieser Menschen den Arzt aufsuchte und wieder nur ein Teil von diesen eine ausreichende Therapie erhielt.

Hemmung heute kleiner

Warum so viele Menschen, und offenbar immer mehr, an psychischen Störungen leiden, sei letzten Endes unklar, schreibt Eberhard Rust. Es sei häufig nicht einmal klar, ob es sich um eine echte Zunahme handle, oder ob sie nicht einfach besser erfasst beziehungsweise weniger versteckt würden. Die Hemmung, sich in psychische Behandlung zu begeben, sei wohl bei vielen Menschen heute kleiner. Auch stünden immer mehr Betroffene dazu, an einer Depression gelitten zu haben. Vor diesem Hintergrund verwundere es nicht, dass auch im Kanton Uri der Bedarf nach psychiatrischen Leistungen noch nicht abgedeckt sei, auch wenn man wisse, dass in ländlichen Gebieten psychische Störungen seltener seien als in städtischen.

Team wird erweitert

Peter Gabriel, leitender Arzt des SPD Uri, und sein Kollege Oberarzt Ermanno Pavesi zeigten sich an der Pressekonferenz dankbar und erleichtert, dass die Urner Regierung trotz Finanzknapp-
heit einer personellen Erweiterung des SPD zugestimmt hat. Der entsprechende Entscheid fiel im Herbst 2003. Im vergangenen Jahr sei man weit mehr als nur ausgelastet gewesen. Teilweise sei es zu unbefriedigenden Behandlungssituationen mit zunehmenden Wartezeiten von bis zu mehreren Monaten bei einem Ersttermin gekommen. Im April ist neu Dr. Werner Trüb zum Team gestossen, ein psychiatrisch erfahrener Assistenzarzt. Auch das Sekretariat erhielt in der Person von Brigitte Mulle Verstärkung. Peter Gabriel ist mit der jetzigen Situation zufrieden. Er geht davon aus, dass die Wartezeit für einen Ersttermin aktuell noch zwei bis vier Wochen beträgt. Das sei ein vertretbarer Wert. Hoch akuten Fällen werde selbstverständlich Priorität eingeräumt.

Raumproblem gelöst

Im Zuge der personellen Erweiterung wurde die Raumnot des SPD Uri im Kantonsspital immer grösser. Definitive spitalinterne Lösungen wurden gesucht, kamen jedoch nicht zu Stande. Auch die intensive Standortsuche ausserhalb des Spitals war zunächst nicht von Erfolg gekrönt. Inzwischen ist man aber fündig geworden. Der SPD Uri wird Ende Jahr in das Haus des Kinder- und Familienhilfswerks an der Seedorferstrasse in Altdorf, welches vom kürzlich gegründeten Verein Hilfswerk der Kirchen Uri übernommen wird, umziehen. Das dortige Raumangebot sei nahezu ideal für die Bedürfnisse des SPD, versicherte Peter Gabriel.

Verschiedene neue Gruppentherapieangebote

Seit Juli 2003 besteht im SPD Uri eine therapeutische Frauengruppe, welche sich einmal wöchentlich trifft und von Sozialarbeiterin Corina Muheim-Candreia geleitet wird. Eine therapeutische Männergruppe gibt es nicht. Peter Gabriel und Ermanno Pavesi haben die Erfahrung gemacht, dass Frauen hinsichtlich ihrer psychischen Probleme kommunikativer sind als Männer. Letztere würden eher dazu neigen, ihre Probleme selber mit Alkohol oder Drogen zu «therapieren». Ein Blick auf die Jahresstatistik 2003 erhärtet diese Aussage: In
diesem Bereich waren von 26 behandelten Personen fast 90 Prozent männlichen Geschlechts. Neu wurde im März 2003 eine therapeutische Kochgruppe eingeführt. Die Patientinnen und Patienten lernen dort viel über gesunde Ernährung. Zudem wird auf die Förderung der Selbstständigkeit wert gelegt. Schon seit Mai 2002 besteht die Begegnungsgruppe, welche ebenfalls unter der Leitung von Corina Muheim-Candreia steht. Sie steht wie die Kochgruppe sowohl Patientinnen als auch Patienten offen.

Urs Hanhart


Meistgelesen

  • 01Uri lehnt Volksschulverordnung deutlich ab
  • 02Altdorf empfängt den Samichlaus
  • 03Spiringen sagt Ja zur Kunsteisbahn
  • 04«Rüchä Rock» vor ungewisser Zukunft
  • 05Innovationspark Gotthard erhält Baubewilligung
  • 06Wanderweg wegen Steinschlaggefahr gesperrt