Die SBB studieren zurzeit drei Szenarien, wie die Zukunft der SBB-eigenen Kraftwerke aussehen wird. Im ersten Fall werden die Betriebsabläufe rationalisiert, indem gewisse Werke ferngesteuert werden. Als Zwischenlösung wird der Verkauf einzelner Werke diskutiert. Dabei räumt die «SonntagsZeitung» dem gerade erst für 460 Millionen Franken sanieren Kraftwerk Amsteg gute Marktchancen ein, während das investitionsbedürftige SBB-Werk am Ritomsee um einiges schwieriger loszuwerden sein dürfte. Als dritte Variante prüfen die SBB den Verkauf aller Werke, um sich dann auf dem freien Strommarkt mit Energie zu versorgen. Baudirektor Anton Stadelmann, seinerseits Verwaltungsrat der KW Amsteg AG, hat ebenfalls aus der «SonntagsZeitung» von diesen Szenarien erfahren. «Allerdings trifft sich der Verwaltungsrat nächstens zu einem Seminar, in welchem diese Thematik behandelt wird», erklärte er auf Anfrage des «Urner Wochenblattes». Die SBB beabsichtigen, bis im Sommer 2000 einen Entscheid über den Verkauf zu fällen.
Bezüglich der Investitionen ins Kraftwerk Ritom, welches auch durch sehr viel Wasser aus dem Kanton Uri gespiesen wird, gibt Anton Stadelmann zu bedenken, dass zwar ein Investitionsbedarf von rund 200 Millionen Franken bestehe. «Es darf aber nicht davon ausgegangen werden, dass beispielsweise eine Stilllegung des Kraftwerkes keine Kosten verursachen würde. Für die ganze Renaturierung und den Rückbau der Anlagen wären ebenfalls grosse Summen nötig. Aus dieser Sicht sind Investitionen in die Zukunft des Werkes durchaus legitim.»
Wichtige Abstimmung im Herbst 2000
Anton Stadelmann misst der Abstimmung über die Solar-Initiative und
die Energie-Umwelt-Initiative respektive ihren Gegenvorschlägen grosse Bedeutung zu. Diese gelangen im Herbst 2000 zur Abstimmung. Die Solar-Initiative, welche im Parlament klar abgelehnt wurde, wird mit einer Energieabgabe von 0,3 Rappen pro Kilowattstunde konfrontiert, mit der erneuerbare Energien gefördert werden sollen. Der Energie-Umwelt-Initiative stellten die Räte eine «grosse» Energie-Lenkungsabgabe von 2 Rappen gegenüber, die den Lohnempfängern zurückerstattet wird.
Erstmals Stichfrage bei Abstimmung
Beim Urnengang über die Energieabgaben wird es - ein Festhalten der Initianten vorausgesetzt - zu einer Premiere kommen. Erstmals wird auf eidgenössischer Ebene den Stimmberechtigten eine Stichfrage gestellt. Damit wird festgelegt, welches Vorgehen gewählt wird, falls sowohl Initiative als auch Gegenvorschlag mehr Ja- als Neinstimmen erhalten sollten. Anton Stadelmann diesbezüglich: «Dieser neue Abstimmungsmodus birgt zusätzliche Unsicherheiten, denen man seitens der Elektrizitätswerke mit einer noch besseren Informationspolitik entgegentreten will. Vor allem soll bei der Bevölkerung in städtischen Agglomerationen dementsprechend für das Anliegen geworben werden.»
Schweizer Strom nicht übermässig belastet
Das Argument, dass Strompreisabgaben der öffentlichen Hand die Wettbewerbsfähigkeit der Strompreise entscheidend beeinflusse, lässt Anton Stadelmann nicht gelten: «Gemäss kürzlich erschienenen Zahlen, hat die Schweiz zusammen mit Frankreich sogar die billigsten Tarife im Vergleich mit unseren Nachbarländern. Wer sich davon überzeugen will, kann die eigene Stromrechnung auf der Internet-Seite www.stromtarife.de mit allen 530 Angeboten in Deutschland vergleichen. In mehr als der Hälfte der schweizer Kantonshauptorte kostete im November 1999 der Strom weniger als die tiefsten Angebote in Deutschland.»
Adrian Zurfluh