Erstmals wurden die Urner Gastrobetriebe mit einem Mystery-Test bewertet. Und das Fazit fällt fast durchwegs gut aus, wie Evelin Walker erklärt. Sie hat den Mystery-Test im Rahmen einer Diplomarbeit an der Academia Engiadina, der höheren Fachschule für Tourismus Graubünden, durchgeführt. Insgesamt 36 Gastrobetriebe - das entspricht rund 25 Prozent aller Mitglieder des Branchenverbandes Gastro Uri - habe man testen wollen, 31 konnten im Laufe der Studie schliesslich besucht werden, so die Studienleiterin. «Nur zwei davon haben beim Test unter 80 Prozent der Maximalpunktzahl erreicht», erläutert Evelin Walker. Besonders gut abgeschnitten hätten die Betriebe der Kategorie «gehobener Gastbetrieb» (siehe Kasten). «In diesem Bereich haben alle Restaurants über 86 Prozent der möglichen Punkte erreicht», hebt Evelin Walker hervor.
Das Unterland schneidet schlechter abDer Test zeigt regionale Unterschiede in der Qualität der Restaurants. So werden die Gastrobetriebe im unteren Reusstal (inklusive Schächental) eher schlechter bewertet als die Restaurants in den Gemeinden rund um den See oder im Urner Oberland. «Dies soll aber nicht heissen, dass nun alle Gastrobetriebe im unteren Reusstal ungenügende Bewertungen bekommen haben», betont Evelin Walker. So hätten auch dort die meisten Betriebe über 80 Prozent der möglichen Punktzahl erreicht. «Allerdings hat ein getestetes Restaurant im unteren Reusstal auch die deutlich schlechteste Bewertung erhalten und nur gerade 65,3 Prozent aller möglichen Punkte erreicht», erklärt sie. Welcher Betrieb das ist, will sie allerdings nicht verraten. Die besten Bewertungen haben mit 94,2 Prozent der möglichen Punkte je ein Betrieb in der Seeregion und einer im Urner Oberland erhalten.
Freundliches PersonalBeste Noten stellen die Testpersonen dem Personal im Gastgewerbe aus. Sie werden als freundlich und kompetent gelobt. «Die Urner Wirte und ihr Personal sind mit viel Herzblut bei der Sache. Das haben die Testpersonen mit einer positiven Bewertung gewürdigt», erklärt Evelin Walker. Zu den Schwächen der Urner Gastbetriebe zählen gemäss Test der mangelnde Bezug zur Region. «Auf einer Speisekarte fehlen oft regionale Produkte - oder sie sind zumindest nicht als solche deklariert», führt Evelin Walker aus. Auch bei der Einrichtung und dem Ambiente werde noch wenig auf Lokales gesetzt. «Das heisst aber nicht, dass jetzt nur noch Ryys und Poor angeboten werden soll und alle Kuhglocken und Uri-Fahnen in ihr Restaurant stellen müssen.» Aber mit ein wenig mehr Bewusstsein für das Lokale und Urnerische könnte für die Gäste ein Mehrwert entstehen. Evelin Walker: «Touristinnen und Touristen, die nach Uri kommen, wollen lokale Spezialitäten essen und trinken. Wenn ich nach Griechenland in die Ferien gehe, will ich ja auch griechisch essen.»
Qualität des Essens nicht getestetNicht Teil des Mystery-Tests war die Qualität des Essens. Der Grund dafür ist gemäss Evelin Walker einfach: «Da jeweils nur eine Person einen Betrieb testet, wäre die Gefahr zu gross, dass durch den persönlichen Geschmack ein Ergebnis verfälscht wird.» Ebenfalls nicht in den Test miteinbezogen wurde die Frage, wie schnell man Informationen über die Öffnungszeiten und das Angebot eines Restaurants findet. «Allerdings zeigen Stichproben, dass das Urner Gastgewerbe hier noch einiges aufzuholen hat», erklärt Evelin Walker. Fabian Lombris, Vorstandsmitglied von Gastro Uri, hat im Auftrag des Branchenverbandes die Studie begleitet. Er sieht noch ein weiteres Problem im Urner Gastgewerbe: «Die Betriebe sind zum Teil überaltert und haben Nachholbedarf bei den Investitionen.» Leider hätten aber die wenigsten Betriebe die dafür notwendigen finanziellen Mittel.
Eine StandortbestimmungFabian Lombris will auf Anfrage die Einzelresultate der Betriebe nicht bekannt geben. «Es geht uns nicht darum, eine Rangliste zu erstellen und auf diejenigen zu zeigen, die am schlechtesten abgeschnitten haben», erklärt er. Ziel des Tests sei vielmehr eine Standortbestimmung zur Qualität im Urner Gastgewerbe gewesen. Gastro Uri feiert im kommenden Jahr sein 100-Jahr-Jubiläum. Deshalb will der Branchenverband gezielt in die Qualität des Gastgewerbes investieren. «Wir wollten wissen, wo wir uns verbessern müssen und wo wir unsere Stärken haben», so Fabian Lombris weiter. Vorstellen könne er sich aber, dass man die Besten des Tests veröffentlichen werde. «Das müssen wir aber zunächst noch im Vorstand von Gastro Uri besprechen.»
Auch Tourist Info Uri beteiligte sich an der Studie, wie Geschäftsleiterin Claudia Zgraggen erklärt: «Dieses Projekt und die Zusammenarbeit mit Gastro Uri fügt sich ausgezeichnet in den Gesamtrahmen unseres mehrjährigen Projektes Fit in Zukunft ein, das die Qualität im Urner Tourismus steigern will.»
Ralph Aschwanden