Weg zu grösserer kultureller und geistiger Freiheit vorgespurt

Der Historische Verein Uri durfte am Freitag, 19. Oktober, den mit 25`000 Franken dotierten und zum vierten Mal verliehenen Dätwyler-Preis entgegennehmen. Die Dätwyler-Stiftung würdigte damit unter anderem die unermüdliche Forschungsarbeit sowie die Verdienste im Zusammenhang mit dem ...
23.10.2001
alt und der Neugestaltung des Historischen Museums Uri.

Die Übergabefeier fand im Historischen Museum Uri in Altdorf statt, dessen Träger der Historische Verein Uri ist. Musikalisch umrahmt wurde die Feier von Lea Ziegler, die an einer antiken Orgel aufspielte, teils begleitet von Christian Zgraggen an der Bratsche, sowie von einem Saxofon-Quartett der Musikschule Uri. Durch das Programm führte der Präsident des Stiftungsrates der Dätwyler-Stiftung, Ständerat Hansheiri Inderkum.

Wozu Geschichte?

Mit dem Historischen Verein Uri wurde eine Institution ausgezeichnet, die sich mit Geschichte beschäftigt. Stiftungsratsmitglied Josef Arnold begann seine Laudatio mit der Frage: Wozu braucht der Mensch überhaupt Geschichte? Für die Zukunft sei sie unerheblich, meinte er, denn der Mensch lerne bekanntlich nichts aus der Geschichte, und die Botschaften der immer eiligeren und ungeduldigeren Gegenwart laute «neu und jetzt». Deshalb bleibe im Kampf um die Marktanteile keine Zeit mehr, die Vergangenheit auch noch in die Überlegungen einzubeziehen. Vielleicht aber sei die Frage nach dem Wozu falsch gestellt, so Josef Arnold. Jedes Fragen und Forschen nämlich, das sich lediglich auf den Zweck, die Anwendbarkeit und den berechenbaren Kosten-Nutzenfaktor fokussiere, enge ein und grenze damit Vieles aus. Das Erfahrungswissen aus der Vergangenheit werde so gleichsam in die Abstellkammer verbannt. Museen würden zu Estrichen der Gesellschaft, so sich dann Biedermann und die Branstifter einnisten könnten.

Warnung vor «ungewarteter» Geschichte

Man wisse nicht so recht wohin mit der Geschichte, fuhr Josef Arnold fort. «Versorgen oder gar entsorgen», fragte er provokativ. In Zeiten der Bedrohung, Krisen und Verunsicherung würden die alten Ahnenbilder wieder hervorgeholt und gelgentlich mit dem gorifizierenden Glanz der Vergangenheit übertüncht. Geschichte bleibe offensichtlich immer lebendig. Man werde sie nicht los. Allerdings warnte Josef Arnold: «Wird Geschichte vernachlässigt und bleibt sie ungewartet', bricht sie oft gar gewalttätig und grausam aus ihrem erstarrten Bilderrahmen hervor und eskaliert bis in den Krieg der Kulturen. Unsere Zeit demonstriert dies ja in erschütternder Weise.» Josef Arnold hält die Pflege der Geschichte für eine gesellschaftliche Notwendigkeit. Das Herz jeder Zivilisation oder Kultur sei die Erinnerung an ihr Entstehen. Nur müsse man sich bewusst sein, dass die Auseinandersetzung mit der Geschichte nicht ohne Schmerz abgehe.

Eindringliche Botschaften

Josef Arnold wartete in seiner Laudatio mit einer kurzen Rückblende auf in die Geschichte des 1892 gegründeten Historischen Vereins Uri. Eng verbunden mit ihr ist auch das Historische Museum. Zum kürzlich beendeten Um- und Ausbau meinte er: «Es ist das Verdienst von Karl Iten, das Historische Museum gleichsam vom Estrich in den Wohnraum geholt zu haben und zwar mit einem Konzept, das neue Wege in die Vergangenheit eröffnet und uns hilft, Geschichte zu begreifen, ja gar von ihr ergriffen zu werden.» Das Museumskonzept vermittle unaufdringliche und doch eindringliche Botschaften, für Menschen, die sich Zeit und Musse nähmen für die Ausweinandersetzung mit ihren Vorfahren. «Der Historische Verein hat mit der unermüdlichen Forschungsarbeit, die sich in den Neujahrsgaben niederschlägt, mit der Erhaltung von Kulturdenkmälern und der Reaktivierung des Geschichtsbewusstseins im Historischen Museum einen kleinen aber bedeutenden Pfad auf dem Weg zu grösserer kultureller und geistiger Freiheit vorgespurt», sagte Josef Arnold. Abschliessend wünschte er den Verantwortlichen, dass all diejenigen, die das Museum nur vom Vorbeifahren kennen, in nächster Zeit einmal anhalten und eintreten.

«Wiedersehen macht Freude»

Verena Bult-Dätwyler, Vizepräsidentin des Stiftungsrates, überreichte den Dätwyler-Preis und die dazugehörige Urkunde dem Präsidenten des Historischen Vereins Uri, Hans Stadler. «Wiedersehen macht Freude», meinte sie vorher und spielte damit auf die Tatsache an, dass Hans Stadler den gleichen Preis bereits 1995 entgegennehmen durfte, damals für seine Verdienste als Geschichtsforscher und Schriftsteller. In ihrer kurzen Ansprache erinnerte sich Verena Bult-Dätwyler an ihre Kindheit. Damals seien die alten Objekte im Museum jeweils voller Staub gewesen. Jetzt nach dem Um- und Ausbau kämen die Utensilien voll zur Geltung. Sie sei aus dem Staunen kaum mehr herausgekommen.

Zeichen der Anerkennung

Hans Stadler wertete den Preis als «ein grosses Zeichen der Anerkennung und des Wohlwollens». Er hob die vielen Tausend Mitglieder hervor, die seit der Gründung bis heute den Verein getragen haben, «aus Interesse für die Geschichte und vielfach einfach auch aus Solidarität für seine idealen Bestrebungen». In seinen Dank schloss Hans Stadler auch all jene ein, die im Vorstand mitgewirkt haben und noch immer mitwirken: alle Leihgeber und Schenker von Kulturgütern, die Autoren des Historischen Neujahrsblattes sowie die Referenten an Tagungen und Versammlungen. Die Frage, weshalb sich viele freiwillig und ehrenamtlich für den Historischen Verein engagieren, beantwortete Hans Stadler aus subjektiver Sicht: «Es geht um grundsätzlich drei Ziele: ein Gedenken, ein Bedenken, ein Formen.» Nach recht tiefgründigem Ausformulieren seiner Antriebsgründe kam er zurück zur Bedeutung des Dätwyler-Preises für den von ihm präsidierten Verein: «Der Stiftungsrat der Dätwyler-Stiftung sieht die Arbeit des Vereins. Er anerkennt sie, lobt sie und zeichnet sie aus mit der Verleihung des Dätwyler-Preises. Das freut uns sehr, das freut uns über alle Massen. Wir fühlen uns verstanden, es ist für uns eine Ehre und auch eine sehr geschätzte Hilfe.»

Urs Hanhart


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