Zum Abschied des Urner Bataillons

Mit dem diesjährigen WK endet die Zeit des traditionsreichen Urner Bataillons. Josef Brücker, Präsident der Vereinigung ehemaliger Angehöriger des Geb Füs Bat 87 erinnert sich an die Aktiv-Dienstzeit 1939/1945. Vier Generationen der Familie Brücker leisteten ihren Militärdienst im Urner ...
02.09.2003
aillon. Erinnerungen und Gedanken zum Ende einer traditionsreichen Zeit.

Der Grossvater von Josef Brücker war einer der ersten «87er», nachdem das Bataillon gegründet wurde. Im Aktivdienst wurde Josef Brücker, der eben der Ortswehr beigetreten war, von seinem Vater nach der Nummer seines Langgewehres 89 gefragt. Es stellte sich heraus, dass Josef Brücker nun mit dem Gewehr ausgerüstet war, das vormals seinem Vater gehörte. - In den Wiederholungskursen trafen sich regelmässig die im Urner Bataillon eingeteilten Wehrmänner des Kantons. Früher, als die Mobilität nicht in dem Masse vorhanden war wie heute, kam dem Zusammenkommen im Militärdienst eine weit höhere Bedeutung zu. Es war eine der wenigen Gelegenheiten, bei welcher die «87er» aus allen Kantonsteilen sich trafen, ihre alten Erinnerungen auffrischten und alte Kontakte wiederaufleben konnten.

Stolz auf «sein» Bataillon

Der Urner war und ist stolz auf sein Bataillon. Das selbstständige 87er-Bataillon übte auch eine gewisse Identitätsfunktion für die Urner aus. Für die Kader war die Zeit, in welcher sie «87er» führten, gleichsam ein «Probestück». Es stellte sich im Militäralltag heraus, ob sie fähig waren, mit ihren Wehrmännern umzugehen, und ob sie von diesen akzeptiert wurden. Einige erfolgreiche Urner Kaderleute legten mit ihrer Dienstleistung beim «87er» die Grundsteine für eine Karriere in Politik oder Wirtschaft. Altlandammann Josef Brücker erinnert sich an zwei Wahlen, bei welchen es der Urner Landrat ablehnte, einen vorgeschlagenen Bataillonskommandanten zu bestätigen. Dies führte dazu, dass den Urnern ein auswärtiger Kommandant «vor die Nase gesetzt» wurde.

«Alte Elemente» gingen verloren

Josef Brücker meint zu erkennen, dass aufgrund des zweijährigen WK-Rhythmus der Armee 95 gewisse «alte Elemente», wie zum Beispiel das Zusammengehörigkeitsgefühl der «87er», etwas verloren gegangen sind. Er anerkennt den Wandel der Zeit mit den veränderten Bedrohungsszenarien und findet, dass die Armee keinesfalls zu einem «Trachtenverein» verkommen dürfe. Die Umstrukturierung mit der Armee XXI sei in diesem Sinne wohl notwendig. Übrigens seien die Urner Wehrmänner bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gemeinsam mit Appenzellern, Aargauern und Zugern im gleichen Bataillon eingeteilt gewesen. Eine Bataillonsfahne im historischen Museum von Uri lege darüber Zeugnis ab. Die heutige Entwicklung mit der Armee XXI sei aus dieser Sicht eigentlich nichts Neues.

Hans Furger: «ein vorbildliches Bataillon»

1940 anlässlich der Interniertenbewachung in Elgg, erzählt Hans Furger, habe er einen französischen Divisionsgeneral, Arnaou Foullon, bewachen und sogar zum Zahnarzt nach Zürich begleiten müssen. Hans Furger schildert General Foullon als weltgewandt, sehr gebildet und zugänglichen Menschen. Arnaou Foullon sei wohl nicht aus einer armen Familie abgestammt, jedenfalls habe der General mehr Hunderternoten im Portemonnaie gehabt als er «Batzen». Der französische General habe ihm erklärt, dass die Schweizer Soldaten verglichen mit den französischen besser bewaffnet und ausgerüstet seien. Bei ihnen - den Franzosen - sei es vor allem die Fremdenlegion, die jeweils die «Kastanien aus dem Feuer holt». Anno 1942 bei der Bewachung der Polen durch das Urner Bataillon in Baden, hätten die Polen - wahre Meister im Holzschnitzen - schön geschnitzte Haselstecken gegen einen Liter Schnaps getauscht. Auch er habe sich einen solchen Stecken zugelegt. Als der Pole nach wenigen Tagen erneut einen Stecken tauschen wollte, habe Hans Furger abgewinkt.

Eine vaterländische Jauchzerei

Das Urner Bataillon bezeichnet Hans Furger, der in der vierten Kompanie als Sattler eingeteilt war, als vorbildliches Bataillon. Insbesondere unter den Schächentalern, und solche habe es beim Train viele gegeben, habe eine sprichwörtliche Kameradschaft geherrscht. Neben Gerold Tresch selig sei er der zweite Sattler in der Kompanie gewesen. Anfänglich habe es für sie sehr viel zu tun gehabt, da die Wehrmänner den militärischen Einsatz zusammen mit den Pferden noch nicht gewohnt waren. So seien Reparaturen oftmals nötig gewesen. Den grössten Teil seiner Dienstleistung habe er während des Aktivdienstes geleistet, weshalb er an diese Zeit die meisten Erinnerungen habe. Nach dem Krieg habe er lediglich noch zwei WKs absolvieren müssen. In lebhafter Erinnerung bleibt der Defilee-WK im Jahr 1953 in Bettlach/Selzach, an dem rund 24 000 Wehrmänner teilnahmen. Als das Urner Bataillon an der Ehrentribüne vorbeimarschiert sei, hätten «Jack» Schilter und er ein paar schöne «Jützer» losgelassen, worauf das Publikum auf der Tribüne aufgestanden sei und den Urnern begeistert applaudierte. Korpskommandant Franz Nager habe im Nachhinein gesagt: Militärisch sei die Jauchzerei nicht gewesen, dafür vaterländisch.

Franz Steinegger: Sie nannten ihn «Gebirgsyeti»

Franz Steinegger war als Korporal in der dritten Kompanie des Urner Bataillons eingeteilt. Bereits als junger Korporal trug er das Gebirgsabzeichen und wurde von der Bataillonsführung als Detachementschef beigezogen, wenn es galt, höhere Anforderungen im Gebirge zu bestehen. Während seinem Studium habe er in den Semesterferien in der Gebirgskampfschule in Andermatt, angestellt im Stundenlohn, gearbeitet. Dannzumal
sei es um die Frage gegangen, ob er seine Dienstleistungen nicht ganz in der Gebirgskampfschule leisten solle. Die damalige Bataillonsführung sei gegen dieses Unterfangen gewesen und habe gewollt, dass der gebirgsgewandte Steinegger seinen Dienst beim «87» absolviere. Leutnant und Oberleutnant ist er in der ersten Kompanie gewesen.
Ihm seien vor allem Bristner, mit denen er heute noch einen regen Kontakt pflege, zugeteilt gewesen. Respekt habe man sich gegenüber diesen «87ern» vor allem durch Vorzeigen ver-
schaffen können. Wie etwa anlässlich eines Gebirgsmarsches bei 60 Zentimetern Neuschnee, indem er über weite Teile des Weges vorgespurt habe. Im Bataillonsstab hatte Franz Steinegger die Funktion des zugeteilten Hauptmanns.

Zuerst das Vertrauen, dann die Einsatzfreudigkeit

Franz Steinegger bezeichnet die «87er» als einsatzfreudig, sobald man als Vorgesetzter ihr Vertrauen gewonnen hat. Der Urner Soldat versteht sein «Militärhandwerk». Als Paradesoldat im Rahmen einer Vorzeigetruppe ist der «87er» nach Ansicht von Franz Steinegger eher weniger geeignet. Das «87» sei während einiger Zeit Rekordhalter der Gefechtsschiessübung auf dem Platz Schrina in der Schiessschule Walenstadt gewesen. - Eine Vielzahl von Episoden und Geschichten sind Franz Steinegger aus seiner Zeit im Urner Bataillon in Erinnerung geblieben. Eine gewisse Portion Schalk hätten die «87er» immer gehabt. Während eines Gebirgsmarsches hätten sie versucht, ihm einen Stein in seinen Rucksack zu schmuggeln. Es sei bei einem Versuch geblieben. Er bezeichnet das Bataillon als ein Bestandteil des Lebens im Kanton Uri, mit einer wichtigen Funktion für die Urner Identität. So bedauert er die Auflösung, sieht aber deren Notwendigkeit ein. Franz Steinegger hofft, dass der Gedanke der regionalen Zusammensetzung der Armee-Einheiten als Grundstein für den militärischen Erfolg auch zukünftig verwirklicht wird.

Josef Arnold-Aregger: ein Original aus der dritten Kompanie

Josef Arnold, «Holzschueni» genannt, ein Original aus der dritten Kompanie des Urner Bataillons, betreibt heute eine Käserei auf Oberalp im Isental. Er pflegte die Anordnungen seiner militärischen Chefs jeweils mit einem trockenen Humor auf ihre Tauglichkeit zu beurteilen und zu kommentieren. Hie und da zogen die militärischen Vorgesetzten von
Josef Arnold auf dessen konstruktive Kritik hin ihre Befehle in Wiedererwägung und fanden eine für den «87er» angenehmere Variante, die gleichwohl zum Ziel führte. Ganz nach dem Motto: «Liäber fryyrä, als wäg-ä-mä Säich schwitzä». - Josef Arnold erzählt, dass er diverse Kompaniekommandanten erlebt habe. Erinnern könne er sich an die Hauptleute Christen, Brühlmann und Schillig. Ihm sei vor allem die Kameradschaft mit den «III/87ern» wichtig gewesen. Zu seiner Zeit seien fast alle Isenthaler, bis zu 15 an der Zahl, in der dritten Kompanie eingeteilt gewesen. Im «87» habe er sehr viele gute Kollegen gewonnen. Noch heute werde etwa an einer Chilbi über Erlebnisse aus der «87er»-Zeit erzählt. Gut erinnern könne er sich an den WK in Lungern-Schönbüel, bei dem es darum ging, stabile Schneeiglus zu bauen, die während drei Biwaknächten hielten und vor allem im Innern nicht zu tropfen begannen. «Holzschueni» betont den Zusammengehörigkeitssinn im Urner Bataillon und findet, dass Militärdienst bis anhin keinem geschadet habe.

Ständerat Hansheiri Inderkum: vom «87» zur Militärjustiz

Heinsheiri Inderkum, ehemaliger Mitr-Zugführer im «I/87», hatte bereits von jung an eine starke Beziehung zum Militär beziehungsweise zum Urner Bataillon. Sein Interesse fürs Militärische war aufgrund der vielen Kontakte zu Truppen, die beispielsweise in den Unterkünften beim Moosbad stationiert waren, stets vorhanden. Auch hätten viele seiner Verwandten im «87» ihren Dienst geleistet. Nach acht Wiederholungskursen als Mitrailleurzugführer in der ersten Kompanie des «87» wechselte Hansheiri Inderkum zur Militärjustiz. - Für Hansheiri Inderkum hat das Urner Bataillon eine gesellschaftliche Bedeutung für den Kanton Uri. Im «87» lernten sich die Urner aus den verschiedensten Kantonsteilen kennen. So war es möglich, persönliche Beziehungsnetze zu knüpfen, die auch im Wirtschaftsleben nutzbar gemacht werden konnten. Beim Aufbau seines Anwaltsbüros habe er anfänglich sehr viele Klienten aufgrund seiner Kontakte aus dem Urner Bataillon gehabt. Auch Hansheiri Inderkum bedauert die Auflösung des Urner Bataillons. Er hofft hingegen, dass der Milizgedanke auch in der neuen Armee XXI weiterlebt.

Meistgelesen

  • 01Uri lehnt Volksschulverordnung deutlich ab
  • 02Altdorf empfängt den Samichlaus
  • 03Spiringen sagt Ja zur Kunsteisbahn
  • 04«Rüchä Rock» vor ungewisser Zukunft
  • 05Innovationspark Gotthard erhält Baubewilligung
  • 06Wanderweg wegen Steinschlaggefahr gesperrt